Ärzteschaft
Honorarverhandlungen: Kassen lehnen KBV-Forderungen ab
Mittwoch, 15. August 2018
Berlin – Die Honorarverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband sind am ersten Verhandlungstag nach achtstündigen Gesprächen in den Räumen des GKV-Spitzenverbands ergebnislos geblieben. Gut informierte Kreise sagten dem Deutschen Ärzteblatt, es habe bisher keine Annäherung beider Seiten gegeben.
Seite heute verhandeln KBV und GKV-Spitzenverband über die Erhöhung des Orientierungswertes sowie die teilweise Aufhebung des Honorarbudgets. Der KBV zufolge boten die Krankenkassen ein Plus von 0,2 Prozent auf den Orientierungswert an. KBV-Chef Andreas Gassen sprach angesichts der real existierenden Kostensteigerungen von einem „schlechten Witz“.
4,7 Prozent versus 0,2 Prozent
Die KBV war mit Forderungen von 4,7 Prozent in die Verhandlungen gegangen. Dies teilt sich Gassen zufolge auf eine Preissteigerungskomponente von rund 2,8 Prozent sowie zwei weitere Komponenten auf. Dazu gehörten gestiegene Hygieneanforderungen, die für die Niedergelassenen mit erheblichen finanziellen Belastungten einhergehen würden sowie die Datenschutzgrundverordung, die für Praxen einen erheblichen Aufwand darstelle und Investitionen nach sich zöge. Bei beiden Punkten sei „überhaupt keine Verhandlungslinie“ mit der GKV zu erkennen gewesen, so Gassen.
Wie die KBV weiter mitteilte, will sie in den Gesprächen in diesem Jahr erreichen, dass die Vergütungen für Hausbesuche angehoben werden. Aktuell werden pro Hausbesuch 22,59 Euro bezahlt. Die KBV forderte in den ersten Gesprächen 33,71 Euro pro Hausbesuch. Dies hätten die Kassen „rigeros“ abgelehnt, so die KBV. „Diese Haltung der Kassen war erwartbar, ist aber leider umso enttäuschender", erklärte Gassen.
Missachtung ärztlicher Leistungen
Am Abend vor den Verhandlungen sagte er vor Journalisten in Berlin: „Die derzeitige Honorierung der Hausbesuche ist eine große Missachtung der ärztlichen Leistung.“ Daher wolle man sich dafür einsetzen, „dass hier deutlich draufgesattelt wird“, wie Gassen betonte. Kein Handwerker würde für diesen Betrag aus der Werkstatt zum Kunden fahren. „Wir wollen die notwenigen Hausarztbesuche erhalten.“
KBV-Vize Stephan Hofmeister fügte hinzu: „Hausarztbesuche sind nicht nur ein Thema für Landärzte. Auch in den Großstädten werden die nachgefragt, weil immer mehr Patienten dort alleine leben.“
Die KBV-Forderungen nach Erstattung der Kosten für die Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) sowie die gestiegenen Kosten für Hygienemaßnahmen haben die Krankenkassen in der ersten Verhandlungrunde ebenfalls abgelehnt. In der kommenden Woche sollen die Gespräche weitergehen. Dann wird bereits der Erweiterte Bewertungsausschuss unter Vorsitz von Jürgen Wasem mit dabei sein.
Die beiden KBV-Vorstände verlangen, dass die geplante Gesetzgebung durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) keinen Einfluss auf die aktuelle Honorarrunde hat. Denn in dem Gesetz wird für kommendes Jahr festgelegt, dass einige Leistungen, wie zum Beispiel offene Sprechstunden oder Erst-Patienten-Kontakte, höher honoriert werden.
In den Honorarverhandlungen in diesem Sommer dürfe es ausschließlich um die üblichen Anpassungen an den Inflationsausgleich sowie an die Kostensteigerungen in den Arztpraxen gehen. Daher hofft Gassen, dass das bevorstehende Gesetz nicht das Denken der Krankenkassen sowie später die Beratungen im Erweiterten Bewertungsausschuss unter dem Vorsitzenden Jürgen Wasem beeinflusst.
Bis Ende August haben KBV und GKV-Spitzenverband Zeit, sich auf einen neuen Orientierungswert zu einigen. Für Gassen ist dies die fünfte Verhandlungsrunde. Für den Verhandlungsführer des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, wird es die letzte Honorarverhandlung als Vorstand sein – er geht im Sommer 2019 in den Ruhestand. © bee/may/aerzteblatt.de

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