Politik
Pharmaskandal: 4.651 Arzneimittelpackungen aus griechischer Apotheke bezogen
Montag, 20. August 2018
Potsdam – Das im Zentrum des Pharmaskandals in Brandenburg stehende Unternehmen Lunapharm hat nach Erkenntnissen der Behörden zwischen 2015 und 2017 von einer griechischen Apotheke, die auch gestohlene Krebsmedikamente vertrieben haben soll, 4.651 Arzneimittelpackungen bezogen. Dies teilte das Potsdamer Gesundheitsministerium heute aufgrund einer parlamentarischen Anfrage des CDU-Abgeordneten Raik Nowka mit.
Nach derzeitigem Erkenntnisstand habe das Unternehmen daneben Ausgangsstoffe für die Herstellung von Arzneimitteln von 17 Lieferanten und noch Ware für den Großhandel bezogen. Zur Frage der womöglich unsachgemäßen Lagerung von Medikamenten, die deshalb dann nicht mehr wirken könnten, schrieb das Ministerium: „Die bisherigen bei der Lunapharm Deutschland GmbH durchgeführten Inspektionen ergaben bislang keine Anhaltspunkte, die auf insoweit unsachgemäße Transporte beim Bezug von Arzneimitteln von Dritten schließen lassen.“
Mehrfach erklärte das Ministerium, dass die Landesregierung noch mit der Aufarbeitung des Falles befasst sei. Im Aufarbeitungsprozess werde auch geprüft, ob ein Rückruf schon früher hätte erfolgen müssen. Derzeit arbeitet eine Expertenkommission an der Analyse. Mit einem ersten Ergebnis wird Ende August gerechnet.
Der brandenburgische Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers macht unterdessen die politische Zukunft von Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) von der Aufklärung des Medikamentenskandals abhängig. „Ich schließe einen Rücktritt zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig aus“, sagte Christoffers dem rbb. „Eine Entscheidung wird getroffen werden, das hat die Ministerin mehrfach deutlich gesagt, wenn alle Sachverhalte auf dem Tisch liegen.“
Die brandenburgischen Behörden sollen trotz vorliegender Hinweise auf einen illegalen Medikamentenhandel des Brandenburger Unternehmens Lunapharm jahrelang nicht durchgegriffen haben. CDU und AfD hatten deshalb die Entlassung von Golze gefordert.
Lunapharm soll Krebsmedikamente aus Griechenland vertrieben haben, die dort gestohlen und wegen hoher Gewinnmargen nach Deutschland geliefert wurden. Unklar ist, ob die Medikamente wegen unsachgemäßer Lagerung möglicherweise nicht mehr voll wirksam waren. Im Raum Berlin-Brandenburg haben mindestens 220 Patienten solche Medikamente erhalten – über drei auf Krebs spezialisierte Berliner Apotheken, die von Lunapharm beliefert wurden. Betroffen sind aber auch weitere Bundesländer. Das gesamte Ausmaß des Skandals ist noch unklar.
„Frau Golze wird aufklären, es wird einen Abschlussbericht geben, dann werden wir wissen, in welchem Verhältnis mögliches Behördenversagen, kriminelle Machenschaften und mögliche politische Verantwortung stehen – und dann wird es Entscheidungen geben“, kündigte Christoffers an.
Es müsse festgestellt werden, wie die interne Organisation zwischen dem Landesgesundheitsamt und dem Ministerium ausgesehen habe, sagte der Chef der Landtagsfraktion. Dafür seien Golze und ihre Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt zuständig. Die Ministerin will den Bericht einer Taskforce zum Handel mit gestohlenen Krebsmedikamenten in Brandenburg Ende August vorlegen.
Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hatte in der vergangenen Woche im Gesundheitsausschuss des Landtags eine umfassende Aufklärung zugesagt. „Momentan hat Frau Golze mein vollstes Vertrauen“, sagte er. Wenige Tage zuvor hatte er allerdings auch eine Umbildung des Kabinetts nach Vorliegen des Expertenberichts nicht ausgeschlossen. © dpa/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema
