Ärzteschaft
Ärzte in Niedersachsen plädieren für mehr Medizinstudienplätze
Donnerstag, 23. August 2018
Hannover – Vor dem Hintergrund des Ärztemangels haben Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker und Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), erneut mehr Medizinstudienplätze gefordert. Es sei dringend notwendig, in Niedersachsen mehr Ärzte auszubilden, sagte Wenker heute anlässlich einer Debatte im Landtag zum Thema. „Um die Situation kurzfristig zu entspannen, müssen jetzt sofort mindestens 250 Studienplätze neu geschaffen werden.“
„Neue Medizinstudienplätze müssen zügig eingerichtet werden. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Es dauert zwölf Jahre, bis die heutigen Studienanfänger als fertige Ärztinnen und Ärzte in der Praxis stehen“, sagte KVN-Chef Barjenbruch.
Der Entschließungsantrag von SPD und CDU, über den die Abgeordneten am Nachmittag diskutieren wollen, sieht vor, den Ausbau der Studienplätze für Medizin zügig voranzutreiben. Konkrete Zahlen nennt der Antrag aber nicht. Die Landesregierung hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Anzahl der Medizinstudienplätze um bis zu 200 zusätzliche in Niedersachsen erhöht werden solle.
365 Hausarztsitze unbesetzt
Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen sind derzeit 7,2 Prozent der Hausarztsitze frei – von den rund 5.035 Stellen sind rund 365 nicht besetzt. Das bedeutet eine leichte Verschlechterung im Vergleich zum Vorjahr – damals fehlten 330 Hausärzte. Da die Ärzte ein relativ hohes Durchschnittsalter haben (54,1 Jahre), geben immer mehr Mediziner ihre Praxen auf und finden keinen Nachfolger.
Dennoch sehen Experten derzeit keine Unterversorgung. Davon spricht man, wenn der Versorgungsgrad in einem Planungsbereich unter 75 Prozent fällt. Zu den Sorgenkindern in Niedersachsen gehören der Landkreis Cuxhaven (78,5 Prozent) und das Braunschweiger Umland (80,2 Prozent).
Bei der Entscheidung eines jungen Mediziners, sich auf dem Land niederzulassen, seien verschiedene Faktoren wichtig, sagt KVN-Sprecher Detlef Haffke. „Findet der Partner einen Arbeitsplatz? Wie sieht das Angebot von Kindergärten und Schulen aus? Wie häufig habe ich Bereitschaftsdienst am Abend oder am Wochenende?“ Stimmten diese Faktoren nicht, seien junge Ärzte auch mit finanziellen Anreizen nur schwer für eine Landarztpraxis zu gewinnen.
Immer wieder fällt das Stichwort von einer Landarztquote. Aber darüber gibt es in der großen Koalition zwischen SPD und CDU keine Einigkeit. Im Landtagswahlkampf hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) angeregt, zehn Prozent der Medizinstudenten zum Landarzteinsatz zu verpflichten. Doch Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) sperrte sich dagegen – Weil vertagte das Projekt.
„Die Landarztquote ist verfassungsrechtlich bedenklich“, sagte Thümler. „Das Bundesverfassungsgericht hat ja schon die Quoten des Vergabeverfahrens zum Medizinstudium in Teilen infrage gestellt.“ In der Theorie klinge die Landarztquote gut, in der Praxis sei jedoch alles viel komplizierter. „Zunächst würde es von der Einführung an sieben Jahre dauern, bis die ersten Mediziner fertig würden, die sich zum Einsatz als Landarzt verpflichtet haben. Außerdem kann man niemanden zwingen, dauerhaft auf dem Land zu bleiben.“
Der Städte- und Gemeindebund indes hält an seiner Forderung nach einer Landarztquote fest. „Sie wird nicht das Allheilmittel sein, aber die Landarztquote ist ein weiterer wichtiger Baustein, um die ländlichen Regionen künftig mit ausreichend Ärztinnen und Ärzten zu versorgen“, sagte Präsident Marco Trips. © dpa/may/aerzteblatt.de

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