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Politik

Darmkrebs­früherkennung: Einladung per Post allein reicht nicht aus

Mittwoch, 5. September 2018

In anderen Ländern liegt den postalischen Einladungen zur Darmkrebsfrüherkennung ein Stuhltest bei. /absolutimages, stock.adobe.com

Berlin – Die ersten Einladungen zur Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung sollen laut Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) am 1. Juli 2019 versandt werden. Männern wird dann schon früher als bisher eine Darmspiegelung angeboten, bereits ab 50 Jahren. In den kommenden Monaten prüft das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Krebsfrüherkennungsregistergesetz (KFRG).

Das geschlechtsspezifische Einladungsverfahren hält die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Hepatologie und Gastroenterologische Onkologie (DGVS) für einen wesentlichen Fortschritt. Der Beschluss würde aber eine ganze Reihe von Forderungen nicht berücksichtigen, kritisierte Wolfgang Schepp, Kongresspräsident der DGVS bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Ich halte es für einen Fehler, dass der immunologische Stuhltest nicht mit der Einladung versandt wird. Wolfgang Schepp, Klinikum Bogenhausen, München

Eine weit höhere Inanspruchnahme der Vorsorgeleistung könnte beispielsweise der gleichzeitige Versand eines immunologischen Stuhltests (iFOBT) bewirken. Das bestätigt eine vom BMG finanzierte Studie, die 2017 im Deutschen Ärzteblatt erschienen ist.

Demnach steigert ein Einladungsschreiben zur Durchführung des Tests auf Blut im Stuhl, dem der Test beigelegt war, die Inanspruchnahme um 62 % (25 % versus 15 %) innerhalb eines Jahres, insbesondere bei Männern (+158 % versus +39 % bei Frauen). Die Studie zeigte aber auch, dass ein Einladungsschreiben für die Vorsorgekoloskopie die Teilnahmerate innerhalb eines Jahres um 32 % erhöht.

Darmkrebsscreening – persönliche Einladung steigert Teilnahmeraten

Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Krebstodesursache in Deutschland. Dieser Krebs wird bei mehr als 60 000 Menschen pro Jahr neu diagnostiziert, etwa 26 000 Menschen sterben an den Folgen der Erkrankung (1). Die Möglichkeit, die Darmkrebsinzidenz und -mortalität durch jährliche Tests auf Blut im Stuhl zu senken, ist seit Langem durch mehrere randomisierte 8...)

„Ich halte es für einen Fehler, dass der immunologische Stuhltest nicht mit der Einladung versandt wird“, sagte Schepp. Auch Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass ein organisiertes Screening mit einer persönlichen Einladung und, im Falle des Tests auf okkultes Blut im Stuhl, mit gleichzeitiger Zusendung von Testmaterialien deutlich höhere Teilnahmeraten erzielt.

Die DGVS plädiert zudem dafür, die Früherkennung für Männer schon mit 45 Jahren zu beginnen. „Die American Cancer Society (ACS) hat diese Empfehlung jüngst ausgesprochen“, sagte der Gastroenterologe vom Klinikum Bogenhausen in München.

Koloskopie nach iFOBT gehört nicht zur Früherkennung

In einem Bereich würde der G-BA-Beschluss sogar einen „Rückschritt“ bedeuten, berichtete Schepp. Am 14. März 2018 hat der Erweiterte Bewertungsausschuss entschieden, die Koloskopie nach positivem iFOBT als kurative Abklärungskoloskopie zu werten (EBM-Ziffer 13421) und nicht als Abklärungskoloskopie im Rahmen der Darmkrebsvorsorge, also nicht als Früherkennungskoloskopie (EBM-Ziffer 01741).

„Damit entfällt die elektronische Dokumentationspflicht, was eine Evaluation des iFOBT unmöglich macht“, so Schepp. Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) können somit nicht nachvollziehen, ob eine nach EBMZiffer 13421 zum Beispiel mit dem ICD-Code K92.2 (Gastrointestinale Blutung) abgerechnete Koloskopie eine Abklärungskoloskopie nach Symptomen oder Beschwerden war oder zur Vorsorge nach positivem iFOBT bei beschwerdefreiem asymptomatischem Patienten (Früherkennung) durchgeführt wurde.

KBV reicht Klage ein

Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Stiftung LebensBlicke widerspricht diese Entscheidung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL). Die KBV hat im Bewertungsausschuss gegen die Entscheidung gestimmt und inzwischen auch eine Klage beim Landessozialgericht eingereicht, wie sie dem Deutschen Ärzteblatt auf Anfrage mitteilt. Erst im April 2017 hatte die KBV den Dokumentationsbogen angepasst und den positiven iFOBT als Indikation für die Früherkenungskoloskopie aufgenommen.

Erst nach Abschluss der Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die auf sechs Monate angesetzt wurde, erfolgen weitere Beratungen im Bewertungsausschuss zur Festsetzung von Gebührenziffern und über die Höhe der Vergütung im Einheitlichen Bewertungs­maßstab (EBM). In dieser Zeit der Überprüfung bestünde durchaus noch die Möglichkeit, erreicht Geglaubtes wieder zu gefährden, sagte Schepp. Zunächst gelten die Regelungen der bisherigen Krebsfrüherkennungsrichtlinie weiter. © gie/aerzteblatt.de

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