Politik
Krankenkassen sollten Rauchentwöhnung bezahlen
Donnerstag, 6. September 2018
München – Rauchentwöhnung sollte aus Sicht von Tabakforschern von den Krankenkassen bezahlt werden. Die Wissenschaftler fordern bei dem heute in München startenden Europäischen Tabakkongress die Abschaffung des „Lifestyle-Paragrafen“, der das bislang verhindert. Obwohl das Tabakrauchen den mit Abstand wichtigsten gesundheitlichen Risikofaktor und in vielen Fällen eine Suchtkrankheit darstelle, verweigere die Bundesregierung die notwendigen Konsequenzen, sagte der Psychiater, Suchtexperte und Leiter der Tabakambulanz des LMU-Klinikums, Tobias Rüther.
Der Paragraf 34 des fünften Sozialgesetzbuches, der Medikamente zur Rauchentwöhnung von der Erstattung durch Krankenkassen ausschließt, müsse abgeschafft werden, sagte er. „Tabakabhängigkeit ist eine Suchterkrankung, ihre Behandlung ist die wirksamste und kosteneffektivste Möglichkeit, die Sucht zu behandeln und Folgeerkrankungen abzuwenden.“
Nach Angaben Rüthers sterben pro Jahr 125.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Rauchens. „Das ist ungefähr ein Jumbojet am Tag. Wenn jeden Tag ein Flugzeug abstürzen und die Menschen darin sterben würden, dann wäre das Fliegen spätestens ab dem dritten Tag verboten.“ Jeder zweite Raucher werde an seiner Sucht sterben, sagte Rüther. „Rauchen ist gesellschaftspolitisch ein Riesenthema.“
Andere Länder seien in der Bekämpfung der Nikotinsucht schon viel weiter, betonte er. In Deutschland rauchen laut Debra-Studie, einer Befragung zum Rauchverhalten der Deutschen, 28 Prozent der Bevölkerung. In Australien, wo Raucher für eine Schachtel Zigaretten inzwischen umgerechnet 16,80 Euro bezahlen müssen, seien es nur noch zwischen fünf und sechs Prozent. „Deutschland ist ein sehr raucherfreundliches Land.“
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Der Europäische Tabakkongress in München will einen Überblick schaffen über die Konsumsituation in Deutschland und der Welt und sich mit Themen wie der E-Zigarette oder Apps als Hilfen beim Abschied von der herkömmlichen Zigarette befassen. Es soll außerdem um die Wirksamkeit von Schockbildern auf Zigarettenschachteln gehen. © dpa/aerzteblatt.de

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