Ärzteschaft
Experten beklagen mangelnde Versorgung von süchtigen Kindern und Jugendlichen
Montag, 10. September 2018
Hamburg – Experten haben eine mangelnde Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Suchterkrankungen kritisiert. „Es mangelt an jugendspezifischen Versorgungseinrichtungen, an Angeboten zur Rehabilitation und an Betten für die Entzugsbehandlung der Zwölf- bis 17-Jährigen“, erklärte Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) heute im Vorfeld des Suchtkongresses.
Lediglich etwa 200 Betten stünden in ganz Deutschland für die stationäre Suchtbehandlung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung. Die schlechte Versorgung von Minderjährigen mit Abhängigkeitserkrankungen ist ein Schwerpunkt beim Deutschen Suchtkongress ab Montag am UKE. In vielen Regionen fehlen demnach therapeutische Angebote, obwohl das Jugendalter eine besonders kritische Lebensphase für die Entwicklung von Suchterkrankungen ist.
„Hier etablieren sich häufig Missbrauch und Abhängigkeiten, die dann zu chronischen psychischen Störungen werden können“, erklärte Thomasius, der auch Kongresspräsident ist. Zudem erweitere sich das Spektrum an Abhängigkeitserkrankungen. Zu den substanzgebundenen Störungen wie Alkoholismus und die Abhängigkeit von harten Drogen kommen demnach vor allem neuartige Störungen wie Internet-, Social-Media- und Computerspielsucht. „Wir sind dafür bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland bisher schlecht aufgestellt – bei Erwachsenen dagegen sehr gut“, erklärte Thomasius.
Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen können als Folge des Drogenmissbrauchs ein gestörtes Sozialverhalten, depressive Störungen und Impulskontrollstörungen auftreten. Auch Ängste, soziale Phobien, Essstörungen sowie beispielsweise durch Cannabis oder Ecstasy ausgelöste Psychosen und schizophrene Psychosen sind mögliche Erkrankungen aufgrund von Abhängigkeiten.
Alkoholmissbrauch ist in Deutschland der häufigste Anlass für eine Krankenhausbehandlung bei Kindern und Jugendlichen. Jährlich werden mehr als 23.000 unter 20-Jährige aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär notfallmedizinisch behandelt – eine Verdopplung seit dem Jahr 2000. Bei den 15- bis 19-Jährigen ist der Cannabiskonsum die Hauptursache für suchttherapeutische Behandlungen. © afp/aerzteblatt.de

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