Medizin
Azathioprin erzeugt eigene Signatur im Hautkrebsgenom
Dienstag, 11. September 2018
Dundee – Das Immunsuppressivum Azathioprin, das zur Prophylaxe von Transplantatabstoßungen sowie zur Behandlung einiger Autoimmunerkrankungen eingesetzt wird, verursacht in Keratinozyten ein bestimmtes Muster von Mutationen, das für das erhöhte Risiko von Spinaliomen der Patienten verantwortlich ist. Dies ergab die bisher größte Erbgutanalyse zu dem häufigsten malignen Hauttumor, die jetzt in Nature Communications (2018; 9: 3667) veröffentlicht wurde.
Krebs ist die Folge von Mutationen. Nicht jede Mutation führt jedoch zum Krebswachstum. Die Genomanalysen an zahlreichen Tumoren haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass in den Krebszellen immer wieder dieselben Muster von Mutationen auftreten, sogenannte „mutational signatures“. Bisher wurden etwa 30 verschiedene Signaturen beschrieben.
Einige Signaturen sind weit verbreitet. Die Signatur 1 kann bei den meisten Krebsarten nachgewiesen werden. Andere Signaturen sind auf einzelne Krebstypen beschränkt. So wurde die Signatur 9 fast nur bei Lymphomen gefunden.
Ein Team um Irene Leigh von der Universität Dundee fand jetzt heraus, dass das Immunsuppressivum Azathioprin seine eigene Signatur (Nummer 32) im Genom hinterlässt. Die Forscher machten die Entdeckung bei der Exomanalyse von 40 Plattenepithelkarzinomen der Haut (Spinaliome). Das Exom ist der Anteil des Erbguts, der Proteine kodiert. Die Hälfte der Tumoren waren bei Patienten aufgetreten, die mit Immunsuppressiva behandelt wurden.
Es ist seit längerem bekannt, dass Immunsuppressiva das Hautkrebsrisiko erhöhen. Empfänger von Organtransplantaten haben ein mehr als hundertfach erhöhtes Risiko. Das Risiko wird im Allgemeinen mit der Hemmung der Immunabwehr in Verbindung gebracht, die bei den Patienten nicht mehr in der Lage ist, die durch das UV-Licht in den Hautzellen entstehenden Krebsnester zu beseitigen.
Bei Azathioprin scheint eine besondere Situation vorzuliegen. Die Patienten haben nicht nur ein erhöhtes Hautkrebsrisiko. Sie reagieren insgesamt sehr empfindlich auf UV-Licht. Wenn sie ihre Haut nicht durch Kleidung oder Sonnencreme schützen, kommt es rasch zu Sonnenbränden oder Hautausschlägen.
Die Ursache für die erhöhte Photosensitivität wird mit dem Wirkungsmechanismus von Azathioprin in Verbindung gebracht. Der Metabolit 6-Mercaptopurin ersetzt teilweise die Base Guanin in der DNA. Dadurch entsteht ein Chromophor, der UV-A-Licht absorbiert und dadurch die Schädigung der DNA einleitet. Es kommt dann zu speziellen Mutationen, die bei der Analyse des Exoms eine bestimmte Signatur auslösen.
Die Signatur 32 könnte erklären, warum Azathioprin die Licht-Empfindlichkeit der Haut stärker erhöht als andere Immunsuppressiva. Die Wirkung kann übrigens nach dem Wechsel auf ein anderes Mittel noch über viele Jahre anhalten, da 6-Mercaptopurin fest in die DNA eingebaut wird.
© rme/aerzteblatt.de
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