Ärzteschaft
Marburger Bund fordert Personaluntergrenzen für Ärzte
Dienstag, 18. September 2018
Berlin – Der Marburger Bund (MB) hat gefordert, dass Personaluntergrenzen im Krankenhaus auch für den ärztlichen Dienst gelten müssen. „Auch im ärztlichen Dienst gibt es in vielen Krankenhäusern eine unzureichende Stellenbesetzung, die zulasten des vorhandenen Personals, der Patientenversorgung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht“, schreibt der MB in seiner Stellungnahme zu einer Rechtsverordnung, mit der das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ab dem kommenden Jahr Pflegepersonaluntergrenzen in vier Fachgebieten einführen will. Eine Differenzierung zwischen Pflegekräften und dem übrigen nichtärztlichen sowie dem ärztlichen Personal sei weder sachgerecht noch sinnvoll, so der Verband.
Daten sind nicht aussagekräftig
Konkret sieht die Rechtsverordnung Untergrenzen für die Pflege in den als pflegeintensiv angesehenen Bereichen Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie vor. Die Grenzwerte werden nach Tag- und Nachtschichten an Wochentagen sowie nach Tag- und Nachtschichten an Wochenenden und Feiertagen unterschieden.
Künftig darf eine Pflegekraft auf der Intensivstation in einer Tagschicht an einem Wochentag demnach höchstens zwei Patienten betreuen, in der Nachtschicht drei Patienten. Das BMG hatte die Grenzwerte festgelegt, nachdem sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband nicht auf Untergrenzen einigen konnten.
Die Pflegepersonaluntergrenzen sollen der Rechtsverordnung zufolge bis zum Ende des Jahres 2019 begrenzt sein. Ab dem Jahr 2020 sollen sie von einer Vereinbarung abgelöst werden, die DKG und GKV-Spitzenverband bis dahin auf der Grundlage einer verbesserten Datenlage getroffen haben sollen. Im März dieses Jahres hatten die Verhandlungspartner das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG damit beauftragt, eine repräsentative Stichprobe in den Fachabteilungen vorzunehmen, um schicht-, tages- und stundengenau zu erfassen, wie viele Pflegekräfte eingesetzt werden. Die Daten seien bislang jedoch nicht aussagekräftig genug, um auf ihrer Grundlage belastbare Grenzwerte festzulegen, hatten DKG und GKV-Spitzenverband erklärt.
Pflegeaufwand aus medizinischer Sicht
Grundsätzlich begrüßte der Marburger Bund in seiner Stellungnahme den „politischen Handlungswillen“ des Gesundheitsministeriums, die Personalsituation in den Krankenhäusern verbessern zu wollen. Die Vorgabe von Pflegepersonaluntergrenzen für das Jahr 2019 sei ein konkreter Anfang, um dem Handeln der Selbstverwaltung Antrieb zu verleihen.
„Allerdings weist die Verordnung selbst auf die unzureichende Datenlage hin“, schreibt der MB. „Deshalb sieht der Marburger Bund die Gefahr, dass sich die in dieser Verordnung temporär festgelegten Personaluntergrenzen fälschlicherweise als tatsächlicher Personalbedarf verfestigen könnten.“ Zweifelhaft sei zudem, ob der bürokratische Umsetzungsaufwand für eine temporäre, sprich einjährige „Interimslösung“ verhältnismäßig sei.
Der MB kritisiert, dass die von KPMG vorgelegten Daten auf der Ist-Situation in den Krankenhäusern beruhen und nicht beinhalten, wieviel Pflegepersonal aus medizinischer Sicht notwendig wäre. „Sachgerechter wäre die wissenschaftliche Erarbeitung eines Algorithmus’, der den Pflegeaufwand pro Patient und pflegesensitivem Bereich anhand medizinischer und pflegewissenschaftlicher Kriterien errechnet – zunächst für den pflegesensitiven Bereich, später für alle Krankenhausbereiche –, der als Schablone für die sachgerechte Errechnung von Pflegepersonal dienen könnte“, schreibt der Verband. „In einem weiteren Schritt müssen die wissenschaftlich errechneten Pflegepersonaluntergrenzen evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert werden.“
Untergrenzen für alle Abteilungen
Schließlich kritisiert der MB, dass bislang nur Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen festgelegt worden seien. Denn damit verbunden sei die Gefahr der Verlagerung von Pflegefachkräften zwischen den Abteilungen und Stationen. „Deshalb plädiert der Marburger Bund an dieser Stelle ausdrücklich für die Einhaltung der Festlegungen im Koalitionsvertrag, Pflegepersonaluntergrenzen auf alle Abteilungen auszuweiten“, heißt es in der Stellungnahme. © fos/aerzteblatt.de

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