Ärzteschaft
Schmerzmediziner empfehlen, Patienten bei Therapie stärker einzubinden
Donnerstag, 27. September 2018
Mannheim – Patienten sind zufriedener und empfinden die Behandlung als besser, wenn sie nicht nur Medikamente erhalten, sondern Ärzte sie informieren und in die Therapieentscheidung einbinden. Außerdem sollten ihre Schmerzen erfasst und dokumentiert werden. Das berichten die Deutsche Schmerzgesellschaft und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.
Schmerzen nach Operationen erhöhen das Risiko für Komplikationen wie Thrombosen oder Lungenentzündungen, verzögern das Wiedererlangen der körperlichen Beweglichkeit und belasten den Patienten. „Hinzu kommt, dass etwa fünf Prozent aller operierten Patienten Monate nach der Operation chronische Schmerzen entwickeln“, erläuterte Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerztherapie an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena. Die ersten Tage nach der OP seien entscheidend für die Gefahr einer Chronifizierung. „Je stärker und anhaltender die akuten Schmerzen sind, desto höher das Risiko, dass daraus chronische Schmerzen werden“, so Meißner. Frühes Handeln zahle sich daher aus.
Der Schmerexperte betonte, Defizite könnten nur dann erkannt werden, wenn Schmerzen regelmäßig gemessen und verglichen würden. Krankenhäuser könnten zum Beispiel an Vergleichsprojekten wie dem Register der Initiative QUIPS („Qualitätsverbesserung in der postoperativen Schmerztherapie“) teilnehmen. Eine Analyse, bei der Meißner und Kollegen Struktur- und Prozessmerkmale und deren Auswirkung auf die Ergebnisqualität der postoperativen Schmerztherapie aus Sicht der Patienten untersuchten, brachte zwei Erkenntnisse: Die Schmerzintensität, schmerzbedingte Funktionseinschränkungen und die Zufriedenheit der Patienten mit der Behandlung variieren erheblich zwischen den 138 Kliniken, deren Daten für QUIPS erhoben und ausgewertet wurden.
Auf einer Skala von null (= kein Schmerz) bis zehn (= stärkster Schmerz) berichteten Patienten der „schlechtesten“ zehn Prozent der Krankenhäuser über eine Schmerzintensität von 6,3; diejenigen der zehn Prozent „besten“ Kliniken von 3,6. Zweitens: In den Krankenhäusern, in denen die Schmerzen in der Krankenakte dokumentiert und die Patienten zu den verschiedenen Therapiemöglichkeiten informiert wurden, waren die schmerzbedingten Beeinträchtigungen geringer und die Zufriedenheit der Patienten höher.
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„Neben Medikamenten sind drei Faktoren für die Akutschmerzbehandlung nach OPs wichtig: Patienten informieren, in die Therapieentscheidung mit einbeziehen und die Schmerzen regelmäßig erfassen“, bilanzierte Meißner.
„Um die Qualität der Akutschmerzbehandlung zu verbessern, sind Empfehlungen und Leitlinien erarbeitet worden. Allerdings werden sie noch nicht überall konsequent umgesetzt“, kritisierte Carla Nau, Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2018 und Direktorin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Es gebe noch erheblichen Nachholbedarf beispielsweise bei der Verfügbarkeit von Akutschmerzdiensten. Das sind spezialisierte Teams aus Pflegekräften und Ärzten. Nur zwei Drittel aller Kliniken haben solche Teams. Auch bei der Umsetzung der empfohlenen Therapien und der Schmerzdokumentation hapere es, kritisierte Nau. © hil/aerzteblatt.de

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