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Ärzteschaft

Gedenktafel zur Erinnerung an jüdische Ärzte

Montag, 22. Oktober 2018

/dpa

Berlin – Zum Gedenken an jüdische Ärzte, die während der Zeit des Nationalsozialismus unter Repressionen gelitten haben, wollen Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gemeinsam im Rahmen einer Gedenkfeier am 8. November eine Gedenktafel einweihen.

Das Datum zur Einweihung der Gedenktafel sei bewusst gewählt worden. Es liege 80 Jahre nach dem Approbationsentzug für sämtliche Ärzte jüdischer Abstammung und 80 Jahre nach der Reichspogromnacht, erklärte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, am vergangenen Freitag auf einer Pressekonferenz zum Thema „KBV übernimmt Verantwortung“.

Die Gedenktafel soll auf dem Herbert-Lewin-Platz in Berlin zwischen den Gebäuden von KBV und BÄK in den Boden eingelassen werden. Der Platz diene als Symbol, da auch der jüdische Arzt Herbert Lewin zur NS-Zeit als „Krankenbehandler“ tätig gewesen sei. „Dies war die zynische Bezeichnung für diejenigen jüdischen Ärzte, die künftig noch behandeln durften – aber ausschließlich jüdische Patienten“, erklärte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV.

Gedenken und Aufarbeitung seien aber nicht nur Aufarbeitung der Vergangenheit. „Auch im Hier und Jetzt gilt es, gegen jede Form von Diskriminierung unserer Kollegen oder Patienten vorzugehen. Wie schnell allgemeine Werte aufgegeben werden, sehen wir angesichts der aktuellen fremdenfeindlichen und antisemitischen Vorfälle in Deutschland. Hier müssen wir dagegen halten – als Ärzteschaft und als Gesellschaft insgesamt", forderte Gassen.

Nach der NS-Zeit war Lewins Berufung nach Offenbach vom ersten großen antise­mitischen Skandal in der Bundesrepublik Deutschland überschattet: Lewin wurde von Ärzten im Offenbacher Gemeinderat, Ärzten und Krankenschwestern des Offenbacher Krankenhauses und dem CDU-Bürgermeister der Stadt abgelehnt. Begründung: Er würde mit dem Rachegefühl eines KZlers seine Arbeit antreten, keine Frau könne sich ihm mit ruhigem Gewissen anvertrauen.

Auch Gäste aus der Knesset

Zu der Gedenkfeier werden Gäste aus dem In- und Ausland erwartet. Dazu gehören unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Petra Pau (Linke) und der frischgewählte Präsident des Weltärztebundes, Leonid Eidelmann. „Eine besondere Ehre ist es für uns, dass der stellvertretende Parlamentspräsident Israels, der Vize-Speaker der Knesset, Yehiel Bar, kommen wird“, sagte Hofmeister.

„In der Zeit des Nationalsozialismus haben Ärzte an der systematischen Ermordung von Kranken mitgewirkt“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery dem Deutschen Ärzteblatt. Außerdem hätten sich führende Vertreter der Ärzteschaft an der Vertreibung ihrer jüdischen Kollegen beteiligt.

Ärzteschaft übernimmt Verantwortung

Die Unterstützung von Forschungsvorhaben sowie Initiativen, wie die 2012 vom Deutschen Ärztetag gefasste Nürnberger Erklärung zur Rolle der Ärzteschaft in der NS-Zeit, verdeutlichen Montgomery zufolge, dass die Ärzteschaft Verantwortung übernimmt, sowohl für ihre Vergangenheit, als auch für ihre Zukunft. „Dazu gehört auch, dass wir mit unserer Gedenkveranstaltung an das traurige Ereignis des Ausschlusses jüdischer Ärzte aus der kassenärztlichen Versorgung vor 85 Jahren erinnern“, so Montgomery.

Die KBV wies zudem auf ein Projekt hin, in dessen Rahmen die alten Aktenbestände aus der NS-Zeit, die damals in den Archiven der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschland (KVD) verblieben waren und heute beim Deutschen Ärzteverlag lagern, aufgearbeitet und bewertet werden sollen. Das Projekt wird von Samuel Salzborn vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin geleitet und von der KBV finanziert.

KVD und regionale KVen waren Teil der NS-Administration

Die KVD war die Vorgängerorganisation der KBV und an der Entrechtung und Vertreibung der jüdischen sowie politischen oppositionellen Kassenärzte zwischen 1933 und 1938 beteiligt. KVD und regionale Kassenärztliche Vereinigungen waren somit Teil der NS-Administration.

Ziel der Aktenaufarbeitung sei es, die konkrete Rolle der KVD zu bewerten und „die Geschichte auf unser heutiges Handeln zu beziehen“, sagte Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der KBV. Er erläuterte, dass die Anfänge eines solchen Handelns meist klein und schleichend seien und erst mit der Zeit zu blindem Gehorsam führten.

Daher sei es wichtig das eigene Handeln immer wieder zu hinterfragen. „Ich finde es wäre ein großer Erfolg für das Projekt „KBV übernimmt Verantwortung“, wenn wir damit mehr gesellschaftliche und individuelle Reflektion anregen, warum wir und wie wir handeln“, erklärte er. © dit/aerzteblatt.de

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