Ausland
Brexitabkommen: EU-Ärzte sollen weiter in Großbritannien arbeiten können
Montag, 26. November 2018
Brüssel/London – Europäische Ärzte, die in Großbritannien leben, dürfen auch nach einem Brexit weiterhin dort bleiben und arbeiten. Ihr Recht auf Aufenthalt, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug, auf Ansprüche an die Sozialkassen und auf Anerkennung beruflicher Qualifikationen bleibt bestehen. Das geht aus dem Brexit-Vertrag hervor, dem gestern die 27 verbleibenden Staaten der Europäischen Union (EU) gestern zugestimmt haben.
Die Regelung gilt grundsätzlich für alle EU-Bürger, die in Großbritannien arbeiten. Für Briten, die in einem der übrigen 27 EU-Länder leben und arbeiten, gilt dies im Gegenzug ebenfalls.
Das in monatelanger Kleinarbeit von EU-Chefunterhändler Michel Barnier mit der britischen Seite ausgehandelte Brexit-Paket umfasst einen knapp 600 Seiten starken Austrittsvertrag. Vorgesehen ist eine Übergangsfrist bis Ende 2020, diese könnte noch bis Ende 2022 verlängert werden. In dieser Zeit soll sich für die Wirtschaft und die Bürger beider Seiten praktisch nichts ändern.
Auch für die Zeit danach möchte die EU Großbritannien möglichst eng an sich binden. Dies könnte ein Handelsabkommen sowie eine enge Zusammenarbeit bei Verteidigung, Sicherheit, Forschung und Klimawandel umfassen. Details müssen in den kommenden Jahren aber noch ausgehandelt werden. „Man kann sagen, für einen Drittstaat ist eine bisher nie dagewesene Intensität von Beziehungen in der politischen Erklärung angelegt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Allerdings können sich Ärzte und andere EU-Arbeitnehmer in Großbritannien auf die gepant Regelung bisher nicht verlassen. Denn die weitere Entwicklung wird nun maßgeblich in London bestimmt. Premierministerin Theresa May muss die Zustimmung ihres Parlaments gewinnen.
Neben der Opposition wollen viele Hardliner der konservativen Partei sowie die nordirische DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, den Deal ablehnen. Die Gefahr eines chaotischen Brexits am 29. März ist deshalb weiter nicht gebannt.
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Noch vor Weihnachten soll das britische Unterhaus über die EU-Austrittsvereinbarung abstimmen. May kündigte an, für Zustimmung zu dem Deal zu kämpfen. „Das ist der beste mögliche Deal. Es ist der einzige mögliche Deal“, sagte sie am Wochenende in Brüssel. Ihrem Land stehe eine entscheidende Debatte bevor. May hatte noch in der Nacht zum vergangenen Sonntag in einem für sie recht emotionalen Brief öffentlich an die Briten appelliert, den EU-Austritt zu unterstützen.
Britische Politiker kritisierten das ausgehandelte Vertragswerk scharf. Nach Ansicht des früheren Parteichefs der Konservativen Partei, Iain Duncan Smith, wird es „sehr, sehr schwer“ werden, den Deal zu unterstützen. Es sei „viel zu viel an die EU gegeben worden“, sagte er dem Sender Sky News. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, sprach von einem „schlechten Deal“.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker warnte davor, das Brexit-Paket abzulehnen. „Diejenigen, die denken, durch Ablehnung des Abkommens ein besseres zu bekommen, werden enttäuscht sein“, sagte er. In einem am Sonntagabend vorab im Internet veröffentlichten Interview des ZDF-Heute Journals ergänzte er: „Wenn dieser Deal nicht die parlamentarischen Hürden schafft, dann gibt es eben keinen Deal.“
Außenminister Jeremy Hunt antwortete in einem BBC-Interview auf die Frage, ob die Regierung im Ringen um den Brexit kollabieren könnte: „Es ist nicht möglich, irgendetwas auszuschließen!“ © hil/dpa/aerzteblatt.de

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