Vermischtes
Wissenschafler stellen Inhalationssystem für Früh- und Neugeborenen vor
Montag, 3. Dezember 2018
Hannover – Ein Inhalationssystem, das speziell an die Bedürfnisse von Früh- und Neugeborenen angepasst ist, haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Hannover vorgestellt. Medikamente lassen sich damit in Form von Aerosolen atemgetriggert verabreichen.
Weltweit werden etwa 15 Millionen Babys jährlich zu früh geboren. In Deutschland liegt die Rate laut der Weltgesundheitsorganisation WHO bei 9,2 pro 100 Neugeborene. Frühchen, die vor Abschluss der Lungenreife auf die Welt kommen, leiden oftmals an einem Mangel an Surfactant – einer Substanz, die zur Entfaltung der Lunge benötigt wird. Auch sind sie besonders anfällig für Erkrankungen des Atemorgans, die inhalativ behandelt werden müssen. Doch die zur Verfügung stehenden Inhalationssysteme sind laut den Wissenschaftlern nicht an die Bedürfnisse der Früh- und Neugeborenen angepasst.
Bislang ist die inhalative Medikamentengabe ineffizient
„Die inhalative Medikamentengabe bei Frühchen ist schwierig. Die derzeitige kontinuierliche Zufuhr der Aerosole, also der Arzneimittel in Partikelform, in den Atemstrom ist nicht effizient“, sagte Gerhard Pohlmann, Leiter des Bereichs „Translationale Medizintechnik“ am Fraunhofer ITEM. Zum einen gehe ein Großteil des teuren Medikaments aufgrund des Inhalations-Exhalationsverhältnisses verloren und weise somit keinen medizinischen Nutzen auf. Zum anderen werde das Aerosol durch den Atemstrom, der durch das Beatmungsgerät fließt, sofort verdünnt.
Bei dem neuen System wird ein Nasenstecker direkt an der Nase des Frühchens angebracht. Das Aerosolventil mit einer Reaktionszeit im Bereich von wenigen Millisekunden erlaubt die schnelle und gezielte Freisetzung des Wirkstoffs. Der Nasenstecker ist mit einer Sensorfolie gekoppelt. Auf die Bauchdecke des Frühchens aufgelegt erfasst diese die Kontraktionen des Oberbauchs und misst so den exakten Zeitpunkt, an dem das Baby einatmet.
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Für die präzise Aerosolfreigabe steuert das Messsignal das Mikroventil über einen intelligenten Algorithmus an. „Der Zeitpunkt des Einatmens muss mit einer Genauigkeit von etwa 20 Millisekunden getroffen werden. Das Platzieren normaler Sensoren im Ausatembereich eines Beatmungsgerätes erlaubt eine derart genaue Erfassung nicht“, hieß es aus der Arbeitsgruppe.
In Tests mit Erwachsenen sowie in Versuchen mit Geräten, die die Atmung von Frühgeborenen simulieren, erreichten die Forscher nach eigenen Angaben eine Effizienzsteigerung von 60 Prozent gegenüber herkömmlicher Inhalationstechnologien.
Die Sensorfolie mit ultradünnen Chips und die Entwicklung der Atemtriggerung hat das Fraunhofer Institut im Projektbereich „Flexible aktive Sensormatrix für medizinische Anwendungen“ mit Industriepartnern realisiert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF fördert das Vorhaben. © hil/aerzteblatt.de

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