Ärzteschaft
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Barmer GEK und KV Berlin
Montag, 19. Dezember 2016
Berlin – Barmer GEK und Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) sind in den Fokus staatsanwaltlicher Ermittlungen geraten. Es geht um nachträgliche Änderungen und Ergänzungen von Arztdiagnosen, durch die die Krankenkasse mehr Geld über den sogenannten Risikostrukturausgleich erhalten haben könnte.
Wie Bild und B.Z. berichteten, untersuchte das Landeskriminalamt bereits am vergangenen Donnerstag Räume der Kasse, der KV sowie Privathaushalte. Ermittelt werde gegen vier Beschuldigte, darunter auch KV-Vorstandsmitglied Uwe Kraffel und Berlins Barmer-GEK-Chefin Gabriela Leyh.
„Die Aufklärung des Sachverhaltes ist im ureigensten Interesse der KV Berlin. Aus diesem Grund unterstützt die KV Berlin auch vorbehaltlos die bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungen“, teilte die KV mit. Die Vorsitzende der KV-Vertreterversammlung, Margret Stennes, wies darauf hin, dass für die Mitglieder des Vorstandes der KV Berlin die Unschuldsvermutung gelte. Die Barmer GEK hatte die Vorwürfe bereits im November als haltlos zurückgewiesen.
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- Risikostrukturausgleich: Streit um Kodieren und Kassenfinanzen
- Ärztliche Diagnosen: Kritik an Einflussnahme von Krankenkassen
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Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren Streit und Vorwürfe zu der Diagnosekodierung bei ambulanten Patienten gegeben. Zuletzt hatte der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, unabhängig von den aktuellen Vorwürfen in Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärt: „Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren.“
Die Kassen bezahlten zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machten, so der TK-Chef gegenüber der Zeitung. Der Grund dafür sei, dass die Kasse mit dem schwereren Diagnosemix mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich erhalte. © hil/aerzteblatt.de

Gespenster-Diskussion um Codierung
Wir als niedergelassene GKV-Vertragsärzte sind zum "Rightcoding" nach ICD-10-GM in der jeweils aktualisierten Fassung verpflichtet. Einer Verpflichtung, der wir während der laufenden Haus-, Fach- und Spezial-Arztbehandlung nicht immer nachkommen können, wenn unsere Patientinnen und Patienten medizin-juristisch im Mittelpunkt unseres Behandlungs- und Haftungsvertrages stehen. Nicht nur die Kodiertiefe, sondern die oft umstrittene Trennschärfe ergibt die verwaltungstechnische Irrtums-Möglichkeit des ärztlichen "Downcodings" und "Upcodings", statt "Rightcodings": Bei gedeckelter Gesamtvergütung o h n e jeden pekuniären Aspekt für uns Vertragsärzte!
Uns Ärztinnen und Ärzten fehlen schlicht und ergreifend wesentliche Tatmerkmale des § 263 StGB (Strafgesetzbuch) "Betrug".
"(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar." Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen als Paragraphen 299a und 299b StGB sind ebenfalls nicht anwendbar.
Die einzigen, die für sich oder einen Dritten durch vorsätzlich gezieltes "Upcoding" bzw. bewusstes "Wrongcoding" einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen könnten, sind die Krankenkassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Deren Job korrekt zu machen, kann und darf nicht auch noch Zusatzaufgabe von vielbeschäftigten, unzureichend vergüteten Vertragsärzten sein, die zugleich wegen mangelhafter Terminvergaben gescholten, getrietzt und "gebasht" werden.
Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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