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MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

SARS-CoV-2: Virus-RNA in Augenhornhäuten von COVID-19-Patienten nachgewiesen

Siegmund-Schultze, Nicola

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Foto: picture alliance/Voisin Phanie
Foto: picture alliance/Voisin Phanie

In Deutschland gibt es jährlich circa 7 500 Keratoplastiken. Da Zellschichten des Limbus zwischen Cornea und Conjunctiva und die Conjunctiva selbst Proteine exprimieren, die SARS-CoV-2 für den Eintritt in die Wirtszelle benötigt (ACE2 und TMPRSS2), wird seit Ausbruch der Pandemie erwogen, ob das Virus Corneazellen infizieren könnte. In den wenigen Studien dazu mit COVID-19-Verstorbenen wurde kein Virusgenom nachgewiesen. Ophthalmologen und Rechtsmediziner am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf haben die Frage intensiver untersucht.

Basis war eine Fallserie mit 11 Patienten, die an COVID-19 gestorben waren. Von jedem wurde bei der Obduktion eine Cornea entnommen, außerdem Proben aus Conjunctiva, Glaskörper, Augenkammerwasser, Rachen und Blut. Sie wurden auf Virusgenome und virale mRNA untersucht, das Gewebe auch immunhistochemisch. Außerdem wurde versucht, Viren aus Probenmaterial anzuzüchten.

Die Verstorbenen waren durchschnittlich 68,5 Jahre alt. In 6 von 11 Augen (55 %) fand sich SARS-CoV-2-RNA in der Cornea und in 4 dieser 6 Augenhornhäute subgenomische RNA (mRNA) des Virus, wie sie bei der Proteinbiosynthese gebildet wird. Bei 4 von 6 Patienten mit SARS-positivem Hornhautgewebe wurden auch in der Conjunctiva Virusgenome nachgewiesen, vereinzelt auch im Augenkammerwasser (1 Patient), im Glaskörper (3 Patienten) und im Blut (5 Patienten). Vor allem bei virämischen Patienten fand sich SARS-RNA in Geweben des Auges, aber auch bei einem nichtvirämischen. Es wurden keine Virusstrukturproteine detektiert und aus den Proben ließen sich keine Viren anzüchten.

Fazit: „Es wurde bei 55 % der Hornhäute von hochpositiven, virämischen COVID-19-Verstorbenen SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen, allerdings in sehr geringer Menge“, erläutert Prof. Dr. med. Philip Maier, Oberarzt an der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg und Leiter der Lions Hornhautbank Baden-Württemberg. „Da weder Viren angezüchtet, noch Virusproteine in der Hornhaut gefunden wurden, liegt es nahe, dass der RNA-Nachweis in den Hornhäuten durch Kontamination mit virämischem Blut oder durch in der Hornhaut befindliche Immunzellen, die Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten, zustande kam und nicht durch eine Infektion der Hornhaut selbst. Im Hinblick auf eine potenzielle Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 durch eine Hornhauttransplantation ist zu bedenken, dass – anders als in der hier diskutierten Arbeit – bei einer Hornhautspende eine ausführliche Desinfektion der Hornhaut mit PVP-Iod erfolgt, die zu einer Zerstörung behüllter Viren wie SARS-CoV-2 führt. Dies ist eine vom European Center for Disease Control anerkannte effektive Desinfektion. Aber selbstverständlich ist jede akute, nicht beherrschbare Infektionserkrankung als Todesursache eine Kontraindikation für eine Gewebespende, sodass an SARS Verstorbene nicht für eine Hornhautspende infrage kommen. Andererseits sind keine zusätzlichen Untersuchungen oder Tests bei potenziellen Corneaspendern erforderlich, wenn eine akute Infektion mit SARS-CoV-2 klinisch ausgeschlossen wurde.“

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

Casagrande M, Fitzek A, Spitzer MS, et al.: Presence of SARS-CoV-2 RNA in the cornea of viremic patients with COVID-19. JAMA Ophthalmol 2021; DOI:10.1001/jamaophthalmol.2020.6339.

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