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Berlin – Etwa 80 Prozent von 950 befragten Führungskräften gaben an, dass mindestens eine der zehn wichtigsten Entscheidungen der vergangenen zwölf Monate eine sogenannte defensive Entscheidung war – eine Entscheidung also, die nicht die sachlich beste Option beinhaltete, sondern die das geringste Risiko für die eigene Person barg. Das geht aus einer Umfrage des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung hervor, deren Ergebnisse vor kurzem in dem Journal Business Research veröffentlicht wurden.
„Defensive Entscheidungen sind in vielen Organisationen weit verbreitet“, erklärte Florian Artinger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Adaptive Rationalität am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Es gibt sie in öffentlichen Einrichtungen, in der privaten Wirtschaft genauso wie in Krankenhäusern.“ Selbst in den obersten Führungsebenen treffe man Entscheider, bei denen viele der wichtigsten Entscheidungen nicht primär im besten Interesse der Organisation seien, sondern zuerst dazu dienten, sich selbst zu schützen.
Defensive Entscheidungen führen zu Mehrkosten
„In unserer Studie konnten wir darüber hinaus zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Arbeitskultur im Team und der Häufigkeit von defensiven Entscheidungen gibt“, so Artinger. Wer die Fehlerkultur als schlecht bewertete, traf deutlich häufiger defensive Entscheidungen als jemand, der die Fehlerkultur als gut empfand. Auch Entscheidungsträger, die angaben, in einem Team mit guter Kommunikationskultur zu arbeiten, trafen der Umfrage zufolge weniger defensive Entscheidungen.
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„Defensive Entscheidungen verursachen nicht nur erhebliche Mehrkosten“, sagte Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Mitautor der Studie. „Sie haben auch negative Auswirkungen auf die Innovationskraft, Mitarbeiterführung oder Kundenzufriedenheit.“ Damit Manager wieder die für die Organisation besten Entscheidungen träfen, brauche es eine Fehlerkultur statt einer Absicherungskultur.
Bei der Umfrage waren 950 Führungskräfte aller Hierarchiestufen einer öffentlichen Einrichtung befragt worden. Im Durchschnitt seien etwa 25 Prozent der wichtigsten Entscheidungen nicht im besten Interesse der Organisation gewesen, erklärte das Institut. Gleichzeitig zeigten erste Ergebnisse aus DAX-Unternehmen, dass hier defensive Entscheidungen noch weiter verbreitet seien. © EB/fos/aerzteblatt.de