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Berlin – In Deutschland leben rund vier Millionen Menschen, die jemals in ihrem Leben an Krebs erkrankt sind. Die absolute Zahl der Neuerkrankungen an Krebs hat sich seit Anfang der 1970er-Jahre in Deutschland fast verdoppelt. Eine wesentliche Ursache ist die demografische Alterung der Bevölkerung in diesem Zeitraum. Das berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem neuen Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland (Kapitel zwei: Epidemiologie von Krebserkrankungen). Der Bericht ist jetzt anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar erschienen.
Danach erkrankten im Jahr 2013 253.000 Männer und 230.000 Frauen in Deutschland an Krebs, die Zahl der Sterbefälle lag im selben Jahr insgesamt bei knapp 223.000. 2020 würden voraussichtlich etwa 275.000 Männer und 244.000 Frauen neu an Krebs erkranken.
Dem Bericht zufolge bestehen innerhalb der Europäischen Union (EU) erhebliche Unterschiede bei den Neuerkrankungs- und Sterberaten an Krebs. Deutschland liege innerhalb der EU im Mittelfeld: Die Erkrankungsraten bei den Frauen lägen geringfügig höher, die Sterberaten bei den Männern etwas niedriger als die Werte für die gesamte EU.
„Weltweit werden Krebserkrankungen allgemein in den wirtschaftlich stärkeren Regionen häufiger diagnostiziert. Dies kann nicht nur durch eine höhere Lebenserwartung erklärt werden, sondern hängt vermutlich auch mit Lebensstilfaktoren und unterschiedlich hohen Entdeckungsraten für bösartige Tumoren zusammen“, schreiben die Epidemiologen des RKI.
Lebensstilfaktoren entscheidend
„Wir können. Ich kann.“, lautet das Motto des diesjährigen Weltkrebstages. Er betont damit die Bedeutung von Lebensstilfaktoren für die Entwicklung von Malignomen. Nach Schätzungen der WHO lassen sich weltweit etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen auf Lebensstilfaktoren wie Tabak- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung oder Bewegungsmangel zurückführen. „Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren zählen außerdem bestimmte chronische Infektionen, etwa durch humane Papillomviren (HPV) oder Hepatitis-B- und -C-Viren, aber auch Belastungen mit krebserregenden Stoffen in der Umwelt oder am Arbeitsplatz“, heißt es in dem RKI-Bericht.
„Sowohl für das Rauchen als auch für den Alkoholkonsum gilt: Je mehr konsumiert wird, umso höher ist das Risiko für eine Krebserkrankung. Im Doppelpack sind Alkohol und Rauchen besonders riskant“, erklärte Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, anlässlich des Weltkrebstages. Bei Rauchern könne schon der moderate Konsum von Alkohol eher zu einer Krebserkrankung führen als bei Menschen, die nicht rauchten, warnte Thaiss.
„Gesundheit ist ein hohes Gut und es macht Spaß etwas dafür zu tun“, betonte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. Ein gesunder Lebensstil bedeute in erster Linie gewinnen und nicht verzichten, so Nettekoven. „Bewegen Sie sich Ihrer Gesundheit zuliebe mehr. So steigern Sie Ihr Wohlbefinden, werden leistungsfähiger und beugen Krebs vor“, rät Thomas Suermann, Präventionsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Beispielsweise sinke das Dickdarm- und Brustkrebsrisiko um 20 bis 30 Prozent bei täglicher Bewegung von mindestens 30 Minuten. Bei weiteren Krebsarten werde ein Zusammenhang vermutet, so Suermann.
Erhöhtes Krebsrisiko bei Diabetes
Auf das erhöhte Risiko von Diabetikern, an Krebs zu erkranken, weist DiabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe anlässlich des Weltkrebstages hin. „Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Darüber hinaus sind sie auch häufiger von anderen Krebsarten betroffen als die Allgemeinbevölkerung“, warnt die Organisation. Für Diabetiker sei es daher besonders wichtig, auf einen gesunden Lebensstil zu achten und regelmäßig Früherkennungsuntersuchungen wahrzunehmen.
Krebs im Kindesalter
Laut RKI sind zwischen 2009 und 2014 in Deutschland jährlich durchschnittlich 2.095 Kinder unter 18 Jahren an Krebs erkrankt, davon 922 Mädchen und 1.173 Jungen. Leukämien und Lymphome machten zusammen 45 Prozent der Erkrankungen aus, die Tumoren des zentralen Nervensystems 24 Prozent. 307 Kinder starben im Jahr 2013 an einer bösartigen Neubildung. „Abgesehen vom ersten Lebensjahr, in dem angeborene Fehlbildungen und Erkrankungen sowie der plötzliche Kindstod als Todesursache im Vordergrund stehen, ist damit etwa jeder fünfte Todesfall im Kindesalter auf eine Krebserkrankung zurückzuführen“, berichten die RKI-Epidemiologen.
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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wies angesichts des Weltkrebstages darauf hin, dass für die meisten Menschen die Diagnose „Krebs“ ein Schock sei. Durch die großen Fortschritte bei Diagnostik und Therapie seien die Überlebenschancen bei vielen Krebsarten aber zugleich deutlich gestiegen. Dennoch müssten laut Gröhe die Anstrengungen zur Krebsbekämpfung entschlossen fortgesetzt werden. Gröhe verwies unter anderem auf den Nationalen Krebsplan und das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz.
Neue WHO-Richtlinien für Millionen Krebskranke
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat anlässlich des Weltkrebstags neue Richtlinien herausgegeben. Sie empfiehlt drei Dinge: Behörden sollen über die Symptome verschiedener Krebsarten besser informieren. Ärzte und Krankenpflegekräfte sollen besser geschult werden, um akkurate Diagnosen sicherzustellen. Patienten sollen in aller Welt zügig die richtige Therapie bekommen, ohne sich in den finanziellen Ruin zu stürzen.
„Wenn Krebs erst in einem späten Stadium diagnostiziert wird und die Patienten nicht die richtige Behandlung finden, müssen sie unnötig leiden und sterben oft früher als nötig“, sagte Etienne Krug, WHO-Direktor der Abteilung für nichtübertragbare Erkrankungen, in Genf. Die neuen Maßnahmen sollten vor allem bei Brust-, Gebärmutter- und Darmkrebs frühere Diagnosen ermöglichen.
Frühdiagnosen machten auch finanziell Sinn, so die WHO: die Behandlung sei dann deutlich billiger und viele Menschen könnten weiter arbeiten. Im Jahr 2010 hätten Krebserkrankungen durch Behandlungskosten und Produktivitätsausfälle weltweit Kosten von umgerechnet rund einer Billion Euro verursacht.
Der Weltkrebstag findet seit 2006 jährlich am 4. Februar statt und geht zurück auf eine Initiative der Union Internationale Contre le Cancer (UICC). Ziel ist es, an diesem Tag die Vorbeugung, Früherkennung, Behandlung und Erforschung von Krebserkrankungen in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. © hil/dpa/may/aerzteblatt.de
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