Vitamin D3 /dpa
Baltimore – Eine hochdosierte Behandlung mit Vitamin D hat in einer randomisierten Studie das Sturzrisiko von Senioren nicht gesenkt. Laut den in den Annals of Internal Medicine (2020; DOI: 10.7326/M20-3812) mitgeteilten Ergebnissen kam es sogar zu einem Anstieg von schweren Stürzen.
Viele ältere Menschen haben niedrige Vitamin D-Werte. Dieser Mangel war in epidemiologischen Studien wiederholt mit einem Anstieg des Sturzrisikos verbunden. Als Grund werden negative Auswirkungen auf den Muskelstoffwechsel vermutet, die zu einer Schwächung der Muskulatur führen sollen. Eine gleichzeitige Demineralisierung des Knochens soll im Fall eines Sturzes dann das Frakturrisiko fördern.
Die STURDY-Studie („Study To Understand Fall Reduction and Vitamin D in You“) hat untersucht, ob eine hochdosierte Gabe von Vitamin D das Sturzrisiko von Senioren senken kann. An der Studie nahmen 688 Senioren im Alter von über 70 Jahren (median 77,2 Jahre) teil, die in einem Fragebogen ein erhöhtes Sturzrisiko angegeben hatten und die einen leichten Vitamin D-Mangel (25-Hydroxyvitamin D: 25 bis 72,5 nmol/l, median 55,3 nmol/) aufwiesen.
Die Studie hatte 2 Phasen. In der 1. Phase wurden die Teilnehmer auf 4 Gruppen randomisiert, in denen sie mit 1.000 IU/die, 2.000 IU/Tag, 4.000 IU/Tag oder mit 200 IU/Tag behandelt wurden. Die letzte Dosis war so gering, dass von ihr keine Wirkung erwartet wurde (auf eine Placebogruppe wurde offenbar wegen der hohen Popularität von Vitamin D in der Bevölkerung verzichtet).
Die Erwartung von Lawrence Appel von Johns Hopkins Medicine in Baltimore und Mitarbeitern war, dass die höher dosierte Vitamin D-Gabe die Senioren am besten vor Stürzen schützen könnte. Dies war allerdings nicht der Fall. Die wenigsten Stürze traten bei den Senioren auf, die mit 1.000 IU/Tag behandelt wurden. Diese Dosis wurde dann in der 2. Phase der Studie mit 200 IU/Tag verglichen.
Auch in der 2. Phase wurden die Erwartungen enttäuscht. Nach 2 Jahren war im primären Endpunkt, der Dauer bis zum ersten Sturz oder dem Tod des Patienten, kein Vorteil erkennbar (Hazard Ratio 0,94; 95-%-Konfidenzintervall 0,76 bis 1,15). Die Zahl der schweren Stürze (Hazard Ratio 1,87; 1,03 bis 3,41) und der Stürze mit Krankenhausaufenthalt (Hazard Ratio 2,48; 1,13 bis 5,46) war sogar erhöht.
Die Studie liefert deshalb keinen Grund für die Verordnung von Vitamin D an gesunde Senioren, bei denen die Vitamin D-Werte nur leicht vermindert sind und kein anderer Grund für eine Substitution besteht. Die Ergebnisse bestätigen eine Empfehlung der US Preventive Services Task Force aus dem Jahr 2018.
Das Expertengremium kam nach der Auswertung vorhandener Studien zu dem Schluss, dass es keine ausreichenden Belege für eine Behandlung mit Vitamin D von älteren Menschen zum Schutz vor Knochenbrüchen gibt. © rme/aerzteblatt.de
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