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Hamburg – Schon ein einziges alkoholisches Getränk pro Tag könnte auf Dauer das Risiko auf ein Vorhofflimmern erhöhen. Dies kam in einer Analyse von mehreren prospektiven Beobachtungsstudien im European Heart Journal (2021; DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa953) heraus. Ein mäßiger Alkoholkonsum war dort aber auch mit einem niedrigeren Risiko auf eine Herzinsuffizienz verbunden.
Dass ein erhöhter Alkoholkonsum ein Vorhofflimmern triggern kann, gilt als gesichert. Schon bei jüngeren Menschen kann es nach Alkoholexzessen zu einer Tachykardie kommen, die sich durch Palpitationen bemerkbar macht und als Holiday-Heart-Syndrom bezeichnet wird. In einer früheren Studie an Besuchern des Münchner Oktoberfests stieg die Häufigkeit dieser Herzrhythmusstörungen mit dem Alkoholpegel der Besucher (European Heart Journal, 2017; DOI: 10.1093/eurheartj/ehx156).
Auch ein regelmäßiger höherer Alkoholkonsum hat sich in epidemiologischen Studien als Erkrankungsrisiko erwiesen. Unklar war bisher, ob auch kleinere Alkoholmengen auf Dauer zum Vorhofflimmern führen können. Ein Team um Prof. Renate Schnabel vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat zu dieser Frage jetzt die Daten des MORGAM-Projekts ausgewertet.
Es umfasst 5 prospektive Kohorten aus Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und Italien mit insgesamt 107.845 Teilnehmern, von denn 5.854 im Verlauf von 13,9 Jahren neu an Vorhofflimmern erkrankt sind. Die Teilnehmer waren zu Beginn der Studie im mittleren Alter von 47,8 Jahren zu ihrem Alkoholkonsum befragt worden. Als „Drink“ wurden 120 ml Wein, 330 ml Bier oder 40 ml Spirituosen gewertet, die etwa 12 g Ethanol enthalten.
Diese relativ geringe Menge war, wenn sie täglich konsumiert wurde, mit einem um 16 % erhöhten Risiko für spätere Episoden eines Vorhofflimmerns assoziiert. Schnabel und Mitarbeiter ermitteln eine Hazard Ratio von 1,16, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,11 bis 1,22 signifikant war. Eine Assoziation bestand bereits ab einem durchschnittlichen Konsum von 3 g/Tag (Hazard Ratio 1,04; 1,02 bis 1,05).
Dagegen wurde für das Risiko einer chronischen Herzinsuffizienz eine j-förmige Assoziation gefunden. Das niedrigste Risiko lag hier bei einem täglichen Konsum von 20 g/Tag oder 1,6 „Drinks“ am Tag. Menschen die weniger oder mehr Alkohol tranken, erkrankten in der Folge häufiger an einer chronischen Herzinsuffizienz.
Die Studie ist nicht ohne Schwächen. Der Alkoholkonsum wurde nur 1 Mal zu Beginn der Studie erfragt, und verschiedene Trinkgewohnheiten wie gelegentliche Alkoholexzesse wurden nicht ermittelt. Die Ergebnisse stimmen allerdings mit früheren Studien überein. In der Women’s Health Study waren 2 Drinks am Tag mit einem um 60 % erhöhten Risiko auf ein Vorhofflimmern verbunden, während die PREDIMED-Studie für einen „mediterranen Alkoholkonsum“, sprich vor allem Rotwein, kein erhöhtes Risiko fand.
Eine Metaanalyse von 7 prospektiven Studien mit 12.554 Erkrankungen hatte vor einigen Jahren einen Anstieg des Risikos um 8 % pro täglichem Drink ermittelt (Journal of the American College of Cardiology, 2014; DOI: 10.1016/j.jacc.2014.03.048). In einer randomisierten Studie, deren Ergebnisse im letzten Jahr veröffentlicht wurden, hat der weitgehende Verzicht auf alkoholische Getränke bei Patienten, die wegen eines Vorhofflimmerns in Behandlung waren, die Anzahl und die Dauer der Herzrhythmusstörungen signifikant gesenkt. © rme/aerzteblatt.de
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