

Deutsche Medizinstudierende werden seit Jahren von der Medizinischen Fakultät Leipzig nach Gonder, Äthiopien, vermittelt. Die freundschaftlichen Beziehungen bestehen seit fast 40 Jahren.
Nahezu 40 Jahre bereits besteht die Kooperation zwischen den Universitäten Leipzig und Gonder, Äthiopien. Erstmals halfen 1979 Ärzte aus der DDR dabei, unter einfachsten Bedingungen eine medizinische Hochschule in der ostafrikanischen Provinz aufzubauen. Gemeinsam mit einem äthiopischen Gründungsdekan entwickelten die Hochschulmediziner aus Leipzig zunächst Lehrpläne in den Fächern Anatomie, Physiologie und Biochemie. Später folgte die klinische Ausbildung in der Chirurgie, Gynäkologie, Pädiatrie und Inneren Medizin. Heute sind an der Universität Gonder etwa 1 500 Medizinstudierende in einem fünfjährigen Masterprogramm eingeschrieben.
Die Leipziger Medizinische Fakultät schickt zusätzlich regelmäßig deutsche Medizinstudierende im Praktischen Jahr (PJ) nach Gonder. Seit 2012 haben sich nach Angaben des Leipziger Referats Lehre 25 Studierende für ein PJ-Tertial angemeldet. Dazu kommen diejenigen, die sich den Aufenthalt selbst organisierten. Das Medical College der Universität Gonder wiederum konnte seit der Wende mit Stipendien des Deutschen Akademischen Austauschdienstes mehr als zehn Doktoranden nach Leipzig schicken. Für Michael Kullmann im Referat Lehre der Medizinischen Fakultät Leipzig liegen die Vorteile eines PJ-Tertials in der Partnerklinik auf der Hand: „In Äthiopien werden bisher keine Studiengebühren erhoben, die in anderen afrikanischen Ländern zum Teil enorm sind.“ Mit guten Kenntnissen in der Unterrichtssprache Englisch kommen deutsche Studierende zudem ganz gut klar. „Aufgrund der Kooperation ist es einfacher, die richtigen Ansprechpartner zu finden“, sagt Kullmann. Trotzdem gehöre ein gewisses Maß an Eigeninitiative dazu. Interessierte Studierende sollten sich mit der Sicherheitslage im Land bekannt machen und Erfahrungsberichte einholen. Im Februar wurde außerdem erneut der Ausnahmezustand für ein halbes Jahr verhängt. „In dieser Situation raten wir generell von einem Einsatz im Praktischen Jahr ab“, sagt der Referent.
Prof. Dr. med. Dieter Reißig, der die Zusammenarbeit Jahrzehnte lang betreute, berichtet von vielen positiven Rückmeldungen. „Deutsche Studenten haben dort direkt Kontakt zu Patienten. Sie sehen Krankheitsbilder, wie sie auch in Deutschland vorkommen, aber auch Infektionskrankheiten wie die Tuberkulose, die ihnen nur aus Lehrbüchern bekannt sind.“ Spannend sei auch der Kontakt zu den äthiopischen Medizinstudierenden – zu erleben, wie Ärzte in einem afrikanischen Land ausgebildet werden. Medizin in Afrika werde so unter ganz normalen Zuständen erfahren, nicht nur im Katastrophenfall wie nach Erdbeben und in Hungersnöten.
In den nächsten Jahrzehnten, so Reißig, stehe für Äthiopien vor allem die Weiterbildung fertiger Ärzte im Vordergrund. Ziel sei es, eine Art Hausarztsystem für das ganze Land aufzubauen. Deutschen Medizinern steht meist erst als Facharzt die Möglichkeit offen, in Afrika mit einer Zulassung als Arzt arbeiten zu können.
Viele Studierende versuchen dennoch, einen Teil des PJs im Ausland zu machen. Durch die langjährige Beziehung stehen in Gonder einige Plätze zur Verfügung. „Die meisten Rückkehrer schildern ihre Erfahrungen positiv. Man lernt eine ganze Menge fürs Leben“, so Reißig. ■
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