Die Mehrheit für Montgomery war knapp: 128 von 249 Ärztetagsdelegierten wählten ihn am 2. Juni zum Präsidenten der Bundesärztekammer. Doch er hatte mit dem Berliner Kammerpräsidenten Günther Jonitz, der auf 94 Stimmen kam, auch einen starken Gegner. Mehrheit ist Mehrheit, gewählt ist gewählt. Wenn Montgomery seine Sache gut macht, ist das knappe Ergebnis schnell vergessen.
Dafür spricht einiges, vorausgesetzt, Montgomery bekommt seine Neigung, allzu schnell zu reagieren und allzu scharf zu formulieren, in den Griff. Er kennt selbst diese seine schwache Seite, die ihm den Ruf, er polarisiere, eintrug. Spätestens seit "Cottbus", als er 1999 bei der Wahl seinem Freund und Gegner Jörg-Dietrich Hoppe unterlag, hat Montgomery dazugelernt.
Auch sind seitdem 12 Jahre vergangen und der junge Mann ist jetzt 59. Wenn es ihm gelingt, sich zurückzunehmen und dennoch reaktionsschnell und pointiert zu bleiben, könnte Montgomery zu einem Glücksfall für die Ärztepolitik werden. Denn seine Art passt gut in den medienbestimmten Politikbetrieb. Und nicht zu vergessen, jenseits der öffentlichen Statements, im Gespräch, hat Montgomery durchaus Sinn für die Zwischentöne.
Mit Dr. med. Frank Ulrich Montgomery tritt erneut ein Vertreter der angestellten Ärzte an die Spitze der Ärzteschaft. Das ist so seit 1978, als Karsten Vilmar antrat, und entspricht der Ärztestruktur. Als Marburger-Bund-Vorsitzender agierte Montgomery äußerst erfolgreich. Mit ihm ist die Loslösung von Verdi verbunden und die Etablierung des MB als – höchst wirkungsvolle –Spartengewerkschaft. Das ist natürlich nicht allein Montgomery zu verdanken, sondern auch dessen Mitstreitern wie dem derzeitigen MB-Chef Rudolf Henke, aber eben auch dem taktischen Geschick und der Härte des Dr. Montgomery.
So ausgeprägt der MB-Bezug auch ist, Montgomery wird sich insbesondere um die niedergelassenen Ärzte kümmern müssen. Er wird das wissen, hat er sich doch aus dem MB zurückgezogen und auf seine Aufgaben als Kammerpräsident in Hamburg und als "Vize" der Bundesärztekammer konzentriert und so die gesamte Ärzteschaft repräsentiert (gewiss auch mit Blick auf die weitere Karriere). Die niedergelassenen Ärzte haben eine starke politische Spitzenvertretung nötiger denn je zuvor. Denn ihre herkömmliche Vertretung, die KBV, ist seit der Organisationsreform 2004 zwar "professionalisiert", jedoch politisch geschwächt. Eine Lücke, die bisher nicht geschlossen werden konnte.
Zum guten Schluss: Man sollte „Monty“ besonnene Berater wünschen, die zugleich loyal und standfest sind. Für ihn und den BÄK-Vorstand steht dazu die erste Übung bevor: Gesucht wird ein neuer Hauptgeschaftsführer; der bisherige, Christoph Fuchs, der bis zu Hoppes Abschied ausharrte, will altershalber ausscheiden.
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