Medizin
Netzhautanalyse könnte Schizophreniediagnostik verbessern
Freitag, 31. Mai 2019
Ulm – Eine Augenuntersuchung mit dem Verfahren der optischen Kohärenztomografie (OCT) könnte die Diagnostik von Schizophrenien verbessern. Das berichten Wissenschaftler der Ulmer Universitätsmedizin in der Zeitschrift Schizophrenia Research (2019; doi: 10.1016/j.schres.2019.03.022).
Die Symptome einer Schizophrenie können sehr vielfältig sein: Sie reichen von Halluzinationen und Wahnvorstellungen bis zur völligen Antriebslosigkeit, wie sie auch bei schweren Depressionen vorkommt. Viele Patienten sehen zunehmend unscharf und haben Schwierigkeiten, Kontraste oder Bewegungen korrekt wahrzunehmen.
Die Wissenschaftler um Carlos Schönfeldt-Lecuona und Elmar Pinkhardt untersuchten daher die Netzhaut von Schizophreniepatienten genauer und verglichen sie mit der von gesunden Probanden. Dafür nutzten die Forscher die OCT, ein nichtinvasives und dreidimensionales Bildgebungsverfahren, mit dem sich Dicke und Volumen der Netzhautschichten bestimmen lässt.
Sie führten die Netzhautscans bei 26 Patienten mit einer Schizophrenie oder schizoaffektiven Störungen durch und verglichen sie mit den Befunden der gesunden Kontrollgruppe. Bei Schizophreniepatienten zeigte die Untersuchung eine stark reduzierte Dicke und ein geringeres Volumen fast aller gemessener Netzhautschichten.
Im Vergleich zu gesunden Probanden erreichen die Unterschiede eine statistische Signifikanz für Makulavolumen und -dicke sowie für die retinale Nervenfaserschicht und die innere Körnerschicht. Dabei nimmt das Gesamtvolumen der Nervenfaserschicht mit längerer Krankheitsdauer ab.
Diese Ergebnisse passen laut den Forschern zu volumetrischen Studien mittels Magnetresonanztomografie (MRT), wonach bei dieser Art von Erkrankungen teils eine neurodegenerative oder entzündliche Komponente angenommen wird.
„Gemeinsam mit den Studien, die eine MRT-Volumenänderung zeigen, liefern unsere Erkenntnisse weitere Hinweise darauf, dass die Schizophrenie eine Verschmälerung der Netzhautschichten verursacht, die mit OCT nachweisbar ist“, so Pinkhardt. Allerdings seien die zugrundeliegenden Mechanismen der strukturellen Netzhautveränderungen noch nicht ausreichend verstanden.
„Es ist durchaus denkbar, dass die OCT in Zukunft helfen könnte, beispielsweise die verschiedenen Unterformen der Schizophrenie schneller zu identifizieren und sogar die Therapie individueller zu gestalten“, betonen die Wissenschaftler. Dazu seien jedoch weitere Untersuchungen nötig. © hil/aerzteblatt.de

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