Ärzteschaft
Finanzierung der ambulanten Krebsberatung: Positives Fazit, aber weitere Herausforderungen
Montag, 13. März 2023
Berlin – Als prinzipiell gelungen bewertet die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) den Einstieg der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die Regelfinanzierung der ambulanten Krebsberatung.
Beim „Brennpunkt Onkologie“ im Berliner Kaiserin-Friedrich-Haus bezeichneten ihn heute Johannes Bruns, Generalsekretär der DKG, sowie Markus Besseler, Geschäftsführer der Bayerischen Krebsgesellschaft und stellvertretender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft für ambulante psychosoziale Krebsberatungsstellen (BAK), als einen „Meilenstein“ in der Umsetzung des Nationalen Krebsplans. Dennoch gebe es weitere Herausforderungen.
Die unsichere Finanzierung der ambulanten Krebsberatungsstellen habe über Jahre eine Herausforderung dargestellt, die durch den neuen § 65e des Fünften Sozialgesetzbuches 2020 behoben worden sei, sagte Bruns. Seit 2020 werden die ambulanten Beratungsstellen zunächst zu 40 Prozent, seit 2021 zu 80 Prozent durch die GKV beziehungsweise auch die private Krankenversicherung finanziert, der Rest der Kosten wird durch die Länder und aus Spendenmitteln gedeckt.
Doch trotz der neuen gesetzlichen Regelungen sei in diesem Bereich noch weiterhin „Luft nach oben“, sagte Besseler. Anpassungen sollten konstruktiv erfolgen. „Gerade auf dem Lande braucht es andere Konzepte“, erklärte er. Insbesondere dürfe der Fokus nicht nur auf den Beratungsleistungen liegen. Kosten für eine umfänglich psychosoziale Begleitung, die auch sozialrechtliche Unterstützung ermögliche, sind bisher hingegen kaum gedeckt.
Die Sicherstellung der ambulanten psychoonkologischen Versorgung und deren Finanzierung sei Nummer neun von insgesamt 13 Zielen des Nationalen Krebsplans gewesen, den das Bundesgesundheitsministerium gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren bereits 2008 initiiert habe, resümierte heute Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im BMG.
Insgesamt zog auch sie ein positives Fazit: „Die Beratungsstellen müssen nicht mehr um ihre Existenz bangen“, erklärte die Hausärztin, die als Parlamentarierin den Gesetzgebungsprozess begleitet hatte. Aus Sicht des BMG sei die Finanzierung flächendeckend und in der Summe ausreichend. Zudem sei eine Standardisierung erreicht. Als problematisch bewertete Dittmar die Abgrenzung der Finanzierung von anderen Versorgungsangeboten. Dies dürfe jedoch nicht zur Einstellung der Finanzierung führen.
Die zur Verfügung stehende Fördersumme sei ausreichend, bestätigte auch Antonius Helou, Leiter des Referats „Krebserkrankungen“ im Bundesministerium für Gesundheit. Konkret fördert der GKV-Spitzenverband ambulante Krebsberatungsstellen seit 2020 mit einem Gesamtbetrag von jährlich bis zu 21 Millionen Euro, seit 2021 mit jährlich bis zu 42 Millionen Euro.
Aufgrund der sehr heterogenen Größen der Beratungsstellen und ihren sehr unterschiedlichen Angeboten gestalte sich allerdings die Vergabe der Fördermittel, die an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, oft schwierig, berichtete Kathleen Lehmann, Referentin im Bereich Ambulante Versorgung beim GKV-Spitzenverband. Doch: „Die Förderungsbestimmungen sind noch im Entwicklungsprozess, sie können angepasst werden“, räumte sie ein.
Zwar seien die ambulanten Krebsberatungsstellen (KBS) in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich etabliert, sagte Lehmann. Nach wie vor gebe es noch viele kleine KBS mit geringen Fallzahlen. „Aber generell ist die Förderung gut angenommen worden. Es gibt bundesweit Angebote.“ Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern hätten die meisten geförderten Krebsberatungsstellen, bezogen auf die Einwohnerzahl seien Sachsen und Thüringen Spitzenreiter. „Die Förderung kann zum Wachsen der Zahl der Beratungsstellen führen“, sagte sie. Momentan laufe der Ausbau der Regionen mit wenigen Beratungsstellen. Ausreichend Geld sei dafür vorhanden.
Unter der Trägerschaft der Landeskrebsgesellschaften würden 45 KBS betrieben, berichtete Hanna Bohnenkamp von der Geschäftsstellenleitung der Hessischen Krebsgesellschaft und Vorstandsmitglied der BAK. Auch sie bewertete die Förderung grundsätzlich positiv, warnte aber vor einer primären Fokussierung auf Beratung. Gruppenangebote würden so nicht berücksichtigt, auch Leitungsaufgaben würden nicht abgebildet. Zudem brauche es mehr Angebote im ländlichen Raum, die Angebote seien noch nicht flächendeckend gewährleistet. Ihr Fazit: „Die Landeskrebsgesellschaften sehen die Umsetzung der Ziele als weitgehend erfolgt, empfehlen aber Anpassung der Fördergrundsätze.“
Inhaltlich sieht auch Peter Wigge, Fachanwalt für Medizinrecht aus Münster, den Willen des Gesetzgebers inhaltlich umgesetzt. Kritik äußerte er jedoch an den rechtlichen Rahmenbedingungen. Nach seiner Ansicht bestehen insbesondere Zweifel an der vollumfänglichen Rechtmäßigkeit der Förderungsgrundsätze. Die Rechtsnatur der Förderungsgrundsätze sei unklar. Es gebe Anhaltspunkte, dass die GKV grundrechtswesentliche Entscheidungen selbst treffe und nicht der Gesetzgeber. „Nachbesserungen sind erforderlich“, so sein Fazit. © ER/aerzteblatt.de

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