Politik
Wissenschaftsorganisationen gegen neue Befristungspläne an Hochschulen
Donnerstag, 23. März 2023
Berlin – Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen stellt sich gegen zentrale Vorhaben der geplanten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) plant unter anderem eine zeitliche Begrenzung der Qualifizierungsbefristung in der Postdoc-Phase auf drei Jahre – was Nachwuchswissenschaftler aus Sicht der Allianz eher behindern als fördern würde.
Die schlechten Arbeitsbedingungen des akademischen Mittelbaus werden seit Jahren diskutiert, eine Lösung aber bisher nicht gefunden. Die 2016 verabschiedete letzte Novelle des WissZeitVG, brachte nicht die erhoffte Planungssicherheit für Nachwuchswissenschaftler, sodass Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) derzeit einen neuen Anlauf wagt.
Nach der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) übt nun allerdings auch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen deutliche Kritik an den Vorhaben. Der Allianz gehören die renommiertesten Wissenschaftsverbände des Landes an, von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina über die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaften bis hin zur Leibniz- und zur Helmoltz-Gemeinschaft.
Sie betonen ebenfalls die Bedeutung attraktiver Arbeitsbedingungen für Forschende in frühen und mittleren Karrierephasen, von denen die zukünftige Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems wesentlich abhänge. Doch hegen sie schwere Zweifel, dass die mit den vorliegenden Eckpunkten erreicht werden können.
So sei eine dreijährige Begrenzung der Qualifizierungsbefristung in der Postdoc-Phase keine Hilfe, sondern behindere Forschende auf ihrem Karriereweg und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verlust hochqualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen und mittleren Karrierephasen führen. „Dies würde den Wissenschaftsstandort Deutschland und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands enorm schwächen“, erklärte die Allianz heute.
Vielmehr müssten die Bedingungen dafür hergestellt werden, dass sich Nachwuchswissenschaftler auf transparente und besser planbare Karrierewege und eine aktive Laufbahnunterstützung verlassen können.
Denn die Postdoc-Phase diene einerseits einer grundsätzlichen Orientierung im Hinblick auf unterschiedliche wissenschaftliche und wissenschaftsnahe Aufgabenfelder. Andererseits müsse sie den Beschäftigten zugleich Zeit und Möglichkeit zum Kompetenzerwerb und zur Profilierung geben, um sich im Anschluss erfolgreich in Auswahlverfahren innerhalb oder außerhalb der Wissenschaft zu beweisen.
Eine Reform des WissZeitVG könne auch deshalb nur sehr bedingt die hohen Erwartungen erfüllen, die sich in der aktuellen Diskussion um die Zukunft des Wissenschaftssystems widerspiegeln. Denn sie würde lediglich allgemeine strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen betreffen.
Nötig sei demgegenüber allerdings vielmehr ein differenziertes Gesetz, das den unterschiedlichen Bedürfnissen der Hochschulen und der außerhochschulischen Forschungseinrichtungen aufgrund ihrer funktionalen Differenzierung Rechnung trägt.
„Unterschiedliche Fachkulturen müssen beachtet werden, um nicht einzelne Disziplinen oder Institutionen systematisch zu benachteiligen“, fordert die Allianz. Insbesondere für die Regelung der Qualifizierungsphase während und nach der Promotion bedürfe es dazu neben einem weitgefassten Qualifizierungsbegriff auch einer wissenschaftsadäquaten Höchstbefristungsdauer sowie geänderter Personalstrukturen. Die müssten demnach einen definierten Befristungsanteil, andere Personalkategorien und Karriereziele ohne Professur beinhalten.
Außerdem sei eine bessere Grundfinanzierung nötig. Auf der würden dann auch mehr Dauerstellen sowie entsprechende Spielräume aufbauen können, um befristete Projektmittel für die Finanzierung unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse einsetzen zu können.
Befristungen im Tenure Track und vergleichbare Verfahren sollten ähnlich wie in den Hochschulen auch für außerhochschulische Forschungseinrichtungen möglich sein, fordern die Forschungsverbände.
Aufrechterhalten werden müsse zudem die Möglichkeit der Mobilität von Forscherinnen und Forschern zwischen den Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland sowie internationalen: „Eine weitere Öffnung der Tarifklausel hält die Allianz daher für problematisch und möchte deutlich unterstützen, dass eine länderübergreifende einheitliche Lösung gefunden wird.“ © lau/aerzteblatt.de

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