Medizin
Akupunktur und Alexander-Technik lindern Nackenschmerzen in Vergleichsstudie
Dienstag, 3. November 2015
York – Akupunktur und Alexander-Technik, zwei komplementärmedizinische Ansätze mit einer von der „Schulmedizin“ häufig bezweifelten Wirkung, waren in einer randomisierten klinischen Studie in den Annals of Internal Medicine (2015; 163: 653-662) einer konventionellen hausärztlichen Behandlung überlegen.
Chronische Nackenschmerzen haben häufig funktionelle Ursachen. Muskuläre Verspannungen durch monotone, unphysiologische Körperhaltungen, beispielsweise am Bildschirmarbeitsplatz oder in der Fließbandfertigung, können „hartnäckige“ Schmerzen auslösen, die sich häufig einer konventionellen Therapie mit Schmerzmitteln und einer Physiotherapie widersetzen.
Viele Patienten greifen zu komplementären Therapien wie Akupunktur oder Alexander-Technik. Die Akupunktur versucht, den Schmerz durch den Einstich von Nadeln in Meridiane zu lindern. Die Alexander-Technik setzt auf eine Schulung, die den Patienten erklärt, wie sie unnötige Muskelspannungen im Laufe des Tages vermeiden, die Körperhaltung verbessern und Stress abbauen können. Beide Ansätze gelten derzeit nicht als evidenzbasiert. Dies könnte sich jedoch ändern, denn die Studie, die Hugh MacPherson von der Universität York in England und Mitarbeiter durchführten, folgt den Regeln der evidenzbasierten Medizin.
An der Studie nahmen 517 Personen teil, die seit mindestens drei Monaten unter Nackenschmerzen litten, dessen Schweregrad im Northwick Park Questionnaire (NPQ) mit mindestens 28 Prozent angegeben wurde (wobei eine höhere Prozentzahl stärkeren Beschwerden entspricht). Patienten mit ernsthaften Schäden der Halswirbelsäule oder solche, die bereits operiert worden waren, waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Weitere Ausschlusskriterien waren eine rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Osteoporose sowie Krebs und andere schwere Erkrankungen.
zum Thema
- Abstract der Studie in den Annals of Internal Medicine
- Pressemitteilung der Universität York
- Pressemitteilung von Arthritis Research UK
- Pressemitteilung des American College of Physicians
- Registrierung der Studie
- Northwick Park Neck Pain Questionnaire
- Beispiel einer „Self-Efficacy“-Skala
aerzteblatt.de
MacPherson und Mitarbeiter randomisierten die Teilnehmer auf drei Gruppen. In der ersten erhielten die Patienten zwölf 50-minütige Akupunktursitzungen (von denen im Durchschnitt zehn besucht wurden). Die zweite Gruppe wurde zu zwanzig 30-minütigen Eins-zu-Eins-Fortbildungen in der Alexander-Technik eingeladen (die Patienten nahmen im Durchschnitt an 16 Sitzungen teil). In der dritten Gruppe wurden die Patienten vom Hausarzt behandelt, der ihnen Schmerzmittel oder eine Physiotherapie verschreiben konnte. Akupunktur und Alexander-Technik erfolgten durch ausgebildete Mitglieder der britischen Fachgesellschaften dieser Therapien.
Primärer Endpunkt waren die Veränderungen im NPQ nach 12 Monaten. Zu den sekundären Endpunkten gehörte die Einschätzung der Patienten zur Wirksamkeit in einer „Self-Efficacy“-Skala, einem Fragebogen zur Selbstwirksamkeitserwartung. In beiden Parametern waren die komplementär-medizinischen Therapien der konventionellen Behandlung überlegen.
Der NPQ-Score wurde durch die Akupunktur um 3,92 Prozentpunkte stärker gesenkt als durch die konventionelle Therapie. Ein Unterschied war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,97 bis 6,87 Prozentpunkte signifikant. Bei der Alexander-Technik betrug der absolute „Vorsprung“ gegenüber der konventionellen Therapie 3,79 Prozentpunkte. Bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,91 bis 6,66 Prozentpunkte wurde das Signifikanzniveau hier verfehlt. Der relative Unterschied im NPQ-Score zum Zustand vor der Therapie betrug bei der Akupunktur 32 Prozent und bei der Alexander-Technik 31 Prozent.
Auch in der „Self-Efficacy“ waren Akupunktur und Alexander-Technik der konventionellen Behandlung überlegen. Die Unterschiede betrugen bei der Akupunktur 3,34 Prozentpunkte (2,31-4,38) und bei der Alexander-Technik 3,33 Prozentpunkte (2,22-4,44). Die Vorteile der beiden Therapien waren damit statistisch signifikant. Schwere Nebenwirkungen traten unter keiner der drei Behandlungen auf.
Da die Behandlungen nach vier oder fünf Monaten abgeschlossen, die Wirkung aber noch nach einem Jahr nachweisbar war, hält MacPherson einen Placebo-Effekt für unwahrscheinlich. Möglich bleibt aber, dass die im Vergleich zu den gelegentlichen Hausarztbesuchen ingesamt intensivere Betreuung an der Wirksamkeit der beiden komplementären Therapien beteiligt war, was aber den Wert der Therapie für die Patienten nicht schmälern dürfte. © rme/aerzteblatt.de

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