Politik
Entscheidung zwischen Tonsillotomie und Tonsillektomie bleibt schwierig
Montag, 9. Januar 2017
Köln – Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht beim Vergleich der sogenannten Tonsillotomie – also der Mandelteilentfernung – und der vollständigen Resektion der Mandeln, der Tonsillektomie, kein Verfahren deutlich vorn. Das berichtet das Institut in einer vorläufigen Nutzenbewertung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte dem IQWiG Ende Januar 2016 den Auftrag „Tonsillotomie bei chronischer Tonsillitis und bei Hyperplasie der Tonsillen“ erteilt. Im Herbst vergangenen Jahres hatte das Institut seinen Bericht vorgestellt. Interessierte Personen oder Institutionen konnten bis zum 6. Dezember 2016 Stellungnahmen abgeben.
„Zum Vergleich Tonsillotomie versus konservative Behandlung ließen sich weder relevante noch laufende Studien identifizieren“, berichten die IQWiG-Forscher zunächst. Beim Vergleich zwischen Tonsillotomie versus Tonsillektomie zeigte die Mandelteilentfernung kurzfristige Effekte innerhalb von zwei Wochen nach der Intervention: Die IQWiG-Wissenschaftler sehen hinsichtlich Schmerz einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen der Tonsillotomie und hinsichtlich Schluck- und Schlafstörungen einen Hinweis auf einen geringeren Schaden der Tonsillotomie. „Dagegen zeigte sich für den weiteren Verlauf kein Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen oder Schaden der Tonsillotomie im Vergleich zur Tonsillektomie“, berichtet das IQWiG.
Bei den Endpunkten „rezidivierende Tonsillitis“ und „HNO-Infektionen“ schnitt die Teilentfernung der Mandeln dagegen schlechter ab als die Tonsillektomie. „Allerdings bleibt aufgrund insgesamt unzureichender Langzeitdaten unklar, ob dies nur in der Indikation Tonsillenhyperplasie (erfasst nach sechs Jahren) oder auch in der Indikation rezidivierende akute Tonsillitis gilt (erfasst nach zwölf bis 24 Monaten)“, berichten die IQWiG-Wissenschaftler.
zum Thema
Deutsches Ärzteblatt print
aerzteblatt.de
Die Datenlage zur erneuten Tonsillenoperation ist in beiden Indikationen laut Institut unzureichend, sodass sich hier kein Anhaltspunkt für einen Nutzen oder Schaden ergab.
Für die anderen patientenrelevanten Endpunkte „postoperative Blutungen“, „Krankenhausaufenthaltsdauer“ und „erneute Hospitalisierung“, „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ fand sich kein Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen oder Schaden zwischen den Behandlungen.
Für den Endpunkt Mortalität konnte keine Aussage abgeleitet werden, da hierfür keine Daten verfügbar waren.
Bei der therapeutischen Entscheidung müssen Ärzte und Patienten beziehungsweise Angehörige laut IQWiG also eine kurzfristige Verringerung der Nebenwirkungen bei der Tonsillotomie einem langfristig möglicherweise geringerem Nutzen des Verfahrens entgegenstellen und abwägen. © hil/aerzteblatt.de

Leserkommentare
Um Artikel, Nachrichten oder Blogs kommentieren zu können, müssen Sie registriert sein. Sind sie bereits für den Newsletter oder den Stellenmarkt registriert, können Sie sich hier direkt anmelden.