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Impfen in der Schwanger­schaft: Den schützenden „Piks“ nicht vergessen

  • Mittwoch, 17. Juli 2024
  • Quelle: 8. Nationale Impfkonferenz (NIK)

Schwangere stehen Impfungen oft skeptisch gegenüber. Dabei haben gerade sie ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten und müssen geschützt werden. Davon profitieren letztlich auch Ungeborene und Neugeborene. Aktuelle empfohlene Impfungen erläuterte Prof. Dr. med. Fred Zepp, Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz, im Rahmen der 8. Nationalen Impfkonferenz, der auch einen Blick in die nähere Zukunft der Impfstoffentwicklung wagte.

/Anna, stock.adobe.com
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Impfungen während der Schwangerschaft schützen die Mütter und das Ungeborene. Aber auch das Neugeborene profitiert, denn die Antikörper der Mutter werden über die Plazenta, später dann über die Muttermilch auf das Kind übertragen. „Dadurch sind Neugeborene in den ersten Lebensmonaten zuverlässig geschützt, bis sie selbst aktiv geimpft werden“, erläuterte Zepp. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse unterstützen die Impfung von Schwangeren insbesondere gegen Influenza, Tetanus-Diphtherie-Pertussis, COVID-19 und RSV-Infektionen, erläuterte Zepp. Mit Blick auf den passiven Schutz von Ungeborenen und Neugeborenen sei allerdings zu beachten, dass Antikörper der Mutter erst ab der 28. Schwangerschaftswoche aktiv auf den Fetus übertragen werden. Meist werde deshalb das dritte Trimenon für die Impfung bevorzugt. Dabei gilt: Lebendimpfstoffe werden während der Schwangerschaft grundsätzlich nicht eingesetzt wegen des eher „theoretischen“ Risikos den Fetus zu infizieren. Der Einsatz von Totimpfstoffen und Toxoidimpfstoffen gilt in der Schwangerschaft dagegen als sicher. Zahlreiche Studien belegen laut Zepp, dass die derzeit empfohlenen Impfungen nicht mit einem erhöhten Risiko für Fehl- und Frühgeburten oder angeborene Fehlbildungen einhergehen.

Gegen Influenza, Pertussis und COVID-19 impfen

Die erste für Schwangere empfohlene Impfung richtete sich gegen die Influenza, da Schwangere besonders anfällig sind für schwere Grippeverläufe mit erhöhtem Risiko für Hospitalisierung oder Tod, und weil eine schwere Influenza wie jede andere fieberhafte Infektion das Risiko für vorzeitige Wehen und Frühgeburtlichkeit erhöht. Ebenfalls empfohlen wird die Tetanus-Diphtherie-Pertussis (Tdap) Kombinationsimpfung, bevorzugt im dritten Trimester, um das Neugeborene vor Pertussis zu schützen.

Während der COVID-19-Pandemie zeigte sich, dass Schwangere auch mit mRNA-Impfstoffen sicher und wirksam vor schweren COVID-19-Verläufen geschützt werden können. Erst seit Ende 2023 ist auch ein Impfstoff gegen das Respiratorische Synzytial Virus (RSV) zur Impfung in der Schwangerschaft zugelassen. Der zugelassene Impfstoff hat in Studien zur Sicherheit und Immunogenität bei Schwangeren positive Ergebnisse gezeigt. Die perinatologischen Fachgesellschaften empfehlen die saisonale RSV-Impfung für Schwangere ab SSW 32 in informierter partizipativer Entscheidungsfindung. Anders die STIKO: Sie empfiehlt die maternale RSV-Impfung wegen nicht ausreichender Datenlage derzeit noch nicht (Stand August 2024).

Auch das Umfeld sollte geimpft werden

Die STIKO empfiehlt zum Schutz der Schwangeren und des Babys, dass auch das enge soziale Umfeld der beiden einen starken und aktuellen Impfschutz hat, vor allem gegen die respiratorisch übertragbaren Infektionskrankheiten Influenza, COVID-19 und Pertussis. Partner und Partnerinnen, Eltern, Schwiegereltern und Betreuungspersonen sollten gegen diese Erkrankungen aktuell geimpft sein. Die Kosten übernehmen die Leistungsträger, sie sind extrabudgetäre GKV-Leistungen. Geimpft werden kann auch bei der Frauenärztin beziehungsweise dem Frauenarzt, die/der die Schwangere betreut.

Fast auf der Zielgeraden: Impfstoffe gegen GBS, Zika und CMV

Der Blick in die Zukunft zeigt weitere Impfstoffe für Schwangere. Von besonderer Bedeutung für die Neonatologie ist laut Zepp ein Impfstoff gegen Infektionen mit Gruppe B Streptokokken (GBS). Die derzeitige Präventionsstrategie besteht in der intrapartalen Antibiotikaprophylaxe bei GBS-positiven Schwangeren, allerdings ohne gesicherte Wirksamkeit und ohne langfristige Immunität. Aktuelle Impfstoffkandidaten zielen darauf ab, Neugeborene in der kritischen postnatalen Phase durch den plazentaren Transfer maternaler GBS-spezifischer Antikörper zu schützen. Ein wirksamer GBS-Impfstoff könnte die Notwendigkeit einer Antibiotikaprophylaxe reduzieren und gleichzeitig einen besseren Schutz vor GBS-Infektionen bieten.

Der Schutz vor dem Zika-Virus ist relevant in Regionen mit hoher Virus-Prävalenz, also in den Tropen und Subtropen. Eine Infektion von Schwangeren kann beim Ungeborenen zu Fehlbildungen führen, darunter eine Mikrozephalie oder andere neurologische Störungen. Impfstoffe gegen Zika-Viren befinden sich in verschiedenen Phasen der Entwicklung. Die meisten Impfstoffkandidaten zielen darauf ab, eine starke Immunreaktion hervorzurufen, die der Mutter und dem Fetus Schutz bietet. Eine ähnliche Strategie verfolgen CMV-Impfstoffe, von denen sich einige bereits in klinischen Studien der Phase II und III befinden.

Fazit von Zepp: Impfungen während der Schwangerschaft sind eine wirksame und sichere
Methode, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Durch den Schutz vor potenziell schwerwiegenden Infektionskrankheiten tragen diese Impfungen wesentlich zur Senkung der Mütter- und Säuglingssterblichkeit und -morbidität bei.

Quelle: 8. Nationale Impfkonferenz (NIK), 13.-14.2024 Rostock Warnemünde, Session D: Besonderheiten bei Impfungen in der Schwangerschaft

Dr. Beate Fessler

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