Neue Schätzungen zur Krankheitslast durch antimikrobielle Resistenzen in Deutschland
Antimikrobielle Resistenzen (AMR) zählen in Deutschland zu den zehn häufigsten Todesursachen – dies zeigen neue, umfassende Schätzungen von Forschenden des Robert Koch-Instituts und des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der University of Washington. Die Ergebnisse basieren auf der bislang umfassendsten Analyse zur Belastung durch antibiotikaresistente Erreger vor Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie.

Fast 10.000 Todesfälle direkt auf AMR zurückzuführen
Für das Jahr 2019 wurde in Deutschland eine erhebliche Krankheitslast durch antibiotikaresistente Erreger berechnet. Geschätzt 45.692 Todesfälle standen im Zusammenhang („assoziiert“) mit einer antibiotikaresistenten Infektion (95%-Unsicherheitsintervall [UI]: 31.281–64.591). „Assoziiert“ bedeutet, dass ein resistenter Erreger an der Todesursache beteiligt war, der Tod aber auch unabhängig von der Resistenz hätte eintreten können.
Von diesen Fällen waren rund 9.648 Todesfälle (UI: 6.520–13.918) unmittelbar auf die Resistenz des Erregers zurückzuführen („attribuiert“), das heißt: Wären die Betroffenen mit einem Antibiotika-sensiblen Erreger infiziert gewesen, hätten sie voraussichtlich überlebt. Ergänzend wurden 752.697 DALYs (Disability-Adjusted Life Years) als assoziiert mit AMR und 159.032 DALYs als attribuiert berechnet.
Fünf Erreger verursachen über 80 % der AMR-Todesfälle
Der Großteil der Todesfälle ging auf Blutstrominfektionen (BSI), Atemwegsinfektionen und intraabdominale Infektionen zurück, die zusammen mehr als 80 % der AMR-bedingten Todesfälle verursachten. Verantwortlich waren in erster Linie fünf bakterielle Erreger: Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Enterococcus faecium, Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa. Besonders auffällig war die Belastung durch E. coli mit Resistenzen gegen β-Lactam/β-Lactamase-Inhibitoren und Aminopenicilline.
Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen
Die Ergebnisse zeigen, dass Infektionen mit multiresistenten Erregern in Deutschland zu den häufigeren Todesursachen zählen. Daraus ergeben sich klare Handlungsempfehlungen:
Konsequente Surveillance von Erregern und Resistenzmustern, um Trends frühzeitig zu erkennen und Therapieentscheidungen fundiert zu treffen.
Regionale Anpassung von Behandlungsstrategien, da Resistenzprofile zwischen Regionen variieren und Standardansätze nicht immer übertragbar sind.
Stärkung von Antibiotika-Stewardship-Programmen, um den rationalen Einsatz antimikrobieller Substanzen zu sichern und Fehlgebrauch zu vermeiden.
Integration von „One Health“-Konzepten, da Resistenzentwicklung im Zusammenspiel von Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umwelt entsteht und nur sektorübergreifend wirksam adressiert werden kann.
Laut den Autoren sind diese Maßnahmen entscheidend, um die Wirksamkeit vorhandener Antibiotika zu sichern, die Versorgungssicherheit zu stärken und die Resistenzentwicklung langfristig einzudämmen.
Quelle: Meštrović T et al.: Antimicrobial resistance burden landscape in Germany in 2019: a comparative country-level estimation. JAC Antimicrob Resist 2025; 7(4): dlaf142; https://doi.org/10.1093/jacamr/dlaf142