Q&A Teil 3: Impfen bei onkologischen Patientinnen und Patienten
Teil 3 der Questions & Answers-Reihe aus der diesjährigen Auflage des Impfsymposiums befasst sich mit Fragen, die sich auf die Besonderheiten beim Impfen onkologischer Patientinnen und Patienten beziehen.

Fragen | Antworten |
Welche Impfungen sind nach 2 Hochdosis-Chemotherapien mit autologen Stammzelltransplantationen beim Multiplen Myelom erforderlich? Muss eine vollständige Grundimmunisierung durchgeführt werden oder reichen Auffrischimpfungen? | Nur nach einer allogenen Stammzelltransplantation ist das gesamte immunologische Gedächtnis verloren. Es besteht dann keinerlei Impfschutz mehr. Alle Impfungen müssen von der Grundimmunisierung an neu durchgeführt werden. Bei der autologen Stammzelltransplantation werden Stammzellen des Patienten aus dem Blut gesammelt und eingefroren. Es erfolgt dann eine Hochdosis-Chemotherapie, die zu einem sehr langen Ausfall der Blutzellbildung und einer sehr hohen Sterblichkeit v.a. durch Infektionen führen würde. Durch die Infusion der patienteneigenen (= autologen) Stammzellen und deren „homing“ genannte Ansiedlung im Knochenmark beginnt die Blutzellbildung bereits nach wenigen Tagen. Das immunologische Gedächtnis bleibt – im Gegensatz zur allogenen Stammzelltherapie – erhalten. Auffrischimpfungen sind ausreichend. Wie bei allen immunsuppressiven Therapien kann deren Wirksamkeit eingeschränkt sein. Die ausführlichen Leitlinien der AGIHO (www.dgho.de) helfen hier im Detail weiter, ebenso deren übersichtliche Kurzfassungen auf Onkopedia. |
Wie sieht es bei einer Patientin oder einem Patienten unter Chemotherapie mit notwendigen Nachimpfungen aus? | Ideal wäre eine Impfung vor Chemotherapie gewesen. Aber wenn die Therapie bereits läuft, dann sollten Impfungen und Auffrischimpfungen möglichst im therapiefreien Intervall ohne Chemotherapie erfolgen. Auf saisonale Impfungen gegen Influenza oder Corona sollte aber nie verzichtet werden, da durch die Impfungen in vielen Fällen immerhin ein unvollständiger Immunschutz erreicht werden kann, was besser ist als gar kein Impfschutz. Eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren steht dem Impferfolg nicht entgegen. CD20-Antikörper, z. B. bei Lymphomen oder Multiplem Myelom, schränken die Wirksamkeit von Impfungen für bis zu 6 Monate ein. Die Impfungen sollten dennoch erfolgen, da dadurch ein zumindest teilweiser Impfschutz erreicht werden kann. Nach antineoplastischer Therapie empfiehlt die STIKO, eine einmalige sogenannte „Wiederholungsimpfung“ durchzuführen. Unter diesem Begriff werden einmalige Impfungen bestehend aus einer Impfstoffdosis verstanden, die bei zuvor abgeschlossener Grundimmunisierung unabhängig von vorangegangenen Auffrischimpfungen verabreicht werden. Diese werden daher nicht als „Auffrischimpfungen“ bezeichnet. Impfungen mit einem Lebendimpfstoff sind unter Chemotherapie und anderen immunsupprimierenden Maßnahmen kontraindiziert. |
Braucht es unter allen Checkpoint-Inhibitoren einen erweiterten Impfschutz? | Onkologische Erkrankungen beeinträchtigen per se die Widerstandsfähigkeit des Organismus und erhöhen das Risiko für Komplikationen bei Infektionen. Deshalb gelten Patientinnen und Patienten mit hämatologischen und onkologischen Erkrankungen nach Definition der STIKO immer als vulnerabel. Dies ist unabhängig von den gegebenenfalls verwendeten Checkpoint-Inhibitoren. Besondere Beachtung braucht die Situation bei Anwendung eines CD20-Antikörpers zur B-Zell-Depletion, z. B. beim Multiplen Myelom. Impfungen können VOR Beginn der Therapie verabreicht werden. Während der Therapie sehen die STIKO-Empfehlungen lediglich die Influenza-Auffrischung vor. Alle anderen Impfungen sollten im therapiefreien Intervall durchgeführt werden, im Allgemeinen erst 6 Monate nach Therapieende, wenn sich die B-Lymphozytenzahl normalisiert hat. Saisonale Impfungen gegen Influenza und Corona können dennoch wirken und sollten nicht vorenthalten werden. |
Beratung: Prof. Dr. Oliver Cornely, Köln