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Daten retten Leben und verschaffen den Menschen einen großen Vorteil im Kampf gegen Krankheiten

  • Dienstag, 23. Januar 2024
  • Quelle: Data Saves Lives Deutschland

Wir verdanken das Leben den Daten – genauer gesagt: Gesundheitsdaten. Die im genetischen Code einer einzigen Zelle gespeicherten Informationen führen zu einem Netzwerk von 37 Billionen Zellen, die den komplexen menschlichen Organismus bilden. Es ist auch diesen und vielen anderen Daten zu verdanken, dass wir heute die Möglichkeit haben, die Medizin zu entwickeln, von der wir seit langem träumen: empathisch, patientenzentriert, personalisiert, effektiv und präventiv.

/Thanadon88, stock.adobe.com
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Was lehrt uns die Vergangenheit über Daten?

Ein Lächeln, ein Gespräch, Momente des Glücks und der Traurigkeit, unser aller Leben wären nicht möglich ohne die 86 Milliarden Neuronen des menschlichen Gehirns. Diese Neuronen sind in einem noch immer nicht vollständig verstandenen, perfekten System des Informationsaustauschs und der Informationsverarbeitung miteinander verbunden. Ich bin ein Mensch wie Sie, aber ich sehe anders aus, denke und fühle anders – ich bin anders – denn ich unterscheide mich von Ihnen in nur 1% der menschlichen Erbinformationen.

Gesundheitsdaten ermöglichen es uns, uns selbst zu verstehen und das Wichtigste, was jede Person hat, besser zu schützen - Gesundheit und Leben.

Bevor Louis Pasteur, Robert Koch, Rudolf Virchow, Marie Curie, Alexander Fleming und andere Wissenschaftler im 19. und 20. Jahrhundert Durchbrüche in der Medizin erzielten, waren die Patientinnen und Patienten oft dem Schicksal ausgeliefert. Ärztinnen und Ärzte mussten Diagnosen und Behandlungen auf der Grundlage von Versuch und Irrtum stellen. Der Aderlass war eine Praxis, die 3.000 Jahre lang bis ins späte 19. Jahrhundert so umgesetzt wurde.

Wundert Sie diese altmodische Methode? Die Ärztinnen und Ärzte von damals glaubten an ihre Wirksamkeit, weil sie keine wissenschaftlichen Studien oder Daten hatten, die ihre subjektive Überzeugung widerlegen konnten.

Heute können wir Krankheiten erkennen, bevor der Körper die ersten Symptome zeigt, und sie nach den besten Methoden behandeln, die sich aus der Erfahrung von Millionen von Ärztinnen und Ärzten entwickelt haben. Dank neuer Technologien können wir Daten aus dem Körper und der Gesellschaft erfassen und mit Hilfe von Systemen der künstlichen Intelligenz Wissen daraus destillieren.

Alles zum besseren Schutz der öffentlichen Gesundheit. Wir sprechen über den Überlebenskampf des menschlichen Organismus in einer Welt, in der 1031 Viren um das Überleben kämpfen, dreimal so viele Bakterien, darunter 1400 gefährliche Krankheitserreger. Dabei handelt es sich mitunter um besonders clevere und gefährliche Gegner: Das Bakterium „Clostridium botulinum“ produziert ein so starkes Toxin, dass 400 Gramm davon ausreichen, um alle Menschen auf der Welt zu töten. Eine geringfügige DNA-Mutation kann sich mit der Zeit zu einem tödlichen Krebs entwickeln.

Datengeber werden zu Datennehmern

Der natürliche Schutz, den der menschliche Körper im Laufe der Jahrmillionen entwickelt hat, das Immunsystem, wurde im Laufe der Zeit unterstützt: verbesserte Hygiene, bessere Ernährung, Medikamente und neue Behandlungen, Gesundheitspolitik, Wissen über Prävention, CAR-T-Gentherapien, Immuntherapien. Der nächste Schritt ist die Verfeinerung neuer Erkenntnisse aus den Daten, um eine neue Barriere zum Schutz der Gesundheit zu schaffen – unsere eigenen Daten. Dazu sind jedoch zwei Voraussetzungen erforderlich.

Erstens muss sich jeder Einzelne bewusst sein, dass die eigenen Daten nur dann mächtig sind, wenn wir sie solidarisch teilen.

Zweitens benötigen wir ein vertrauenswürdiges und sicheres System für die Sammlung und Verarbeitung anonymer Daten, die dann für die Entwicklung neuer Medikamente, für die Forschung, für gesundheitspolitische Entscheidungen und letztlich für fundierte, gute Entscheidungen für unsere eigene Gesundheit genutzt werden können.

Digitale Technologien ermöglichen die Erfassung von Daten. In der elektronischen Patientenakte (ePA) werden Krankengeschichte, verordnete Medikamente und die Ergebnisse von Labortests gespeichert. Eine neue Kategorie von Gesundheitsdaten sind die Biomarker (Gesundheitswerte, die man z.B. aus Bluttests oder mit Sensoren am Körper gewinnt), die mit Hilfe intelligenter Wearables wie Smartwatches in Echtzeit aus dem Körper und der Umwelt erfasst werden. Wenn es uns gelingt, diese Daten zu sammeln und zu verarbeiten, werden wir völlig neue Erkenntnisse gewinnen, die es Ärztinnen und Ärzten ermöglichen können, den Gesundheitszustand vorherzusagen, anstatt wie bisher erst zu reagieren, wenn eine Krankheit bereits ausgebrochen ist. Es ist die Rede von einer Verlagerung von der behandlungsorientierten Medizin zur Krankheitsprävention. Mit Hilfe von Daten werden Ärztinnen und Ärzte zu Architektinnen und Architekten der Gesundheit, zu Beraterinnen und Beratern ihrer Patientinnen und Patienten.

Doch die Renaissance der Prävention ist erst der Anfang. Es steht eine Neuordnung der Datenwirtschaft an, so dass jeder von uns – als Datenspender – auch als Datenempfänger profitieren wird.

Werden wir Gesundheitsdaten Fonds oder Krankenkassen anvertrauen können, die sie ähnlich wie Banken mit Geld verwalten und dafür finanzielle Vorteile erhalten? Oder werden Datenbibliotheken entstehen, in denen Forscherinnen und Forscher, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen Datensätze für die Erforschung neuer Behandlungen und Gesundheitsanwendungen unter Verwendung von Algorithmen der künstlichen Intelligenz ausleihen? Diese Szenarien sind sehr wahrscheinlich.

Daten werden zum Baustein von menschennahen Gesundheitsökosystemen

Die Art und Weise, wie Daten genutzt werden, wird das Ergebnis gesellschaftlicher Veränderungen und Herausforderungen im Gesundheitswesen sein, von denen der Ärzt:innenmangel die größte Bedrohung für die Patient:innensicherheit darstellt.

Schon jetzt werden virtuelle Gesundheitsberater geschaffen, die man direkt vom Mobiltelefon erreichen kann. Sie werden Tag und Nacht unsere Daten, also erwähnte Biomarker, auslesen und analysieren. Mit dieser Grundlage werden sie uns Ratschläge für ein gesundes Leben geben, die viel genauer sein werden als je zuvor. Hier handelt es sich um personalisierte Tipps, die wir nicht aus allgemeinen Ratschlägen aus dem Internet oder von Krankenkassen ziehen oder erhalten können. Personalisierte Medizin, sowie ein verbessertes Erkrankungsmanagement werden so möglich.

Auf der Grundlage eben dieser Biomarker werden KI-Systeme Warnmeldungen an Ärztinnen und Ärzte sowie Nurses senden können, die sich mit uns in Verbindung setzen, wenn es beunruhigende Anzeichen für die Entwicklung einer Krankheit gibt oder bei einer bestehenden Erkrankung eine Verschlechterung eintritt. Sie werden in der Lage sein zu reagieren, bevor unser Körper uns die ersten Symptome anzeigt. Ein auf diese Weise organisiertes Datenanalysesystem wird faktenbasiert und auf die individuellen Eigenschaften und psychologischen Bedürfnisse des Organismus zugeschnitten sein.

Wir werden in der Lage sein, unsere eigene Gesundheit bewusster zu beeinflussen. Das bedeutet nicht, dass wir als Patientinnen und Patienten die gesamte Verantwortung für unsere Gesundheit übernehmen müssen. Das neue Gesundheitsökosystem wird es den Patient:innengemeinschaften ermöglichen, sich zu Drehscheiben für die Umweltgesundheit zu entwickeln. Dort werden wir von anderen Patientinnen und Patienten die einfühlsame Beratung und Unterstützung erhalten, die wir so dringend brauchen und die uns auch der beste digitale Concierge nicht geben kann. In diesem neu gestalteten Gesundheitssystem werden sich die Apotheken von Arzneimittelverkaufsstellen zu lokalen Erstanlaufstellen umwandeln. Ein Apotheker, der Zugang zu ausgewählten Daten aus elektronischen Gesundheitsakten hat, wird in der Lage sein, grundlegende Tests durchzuführen und Medikamente oder digitale Therapien zu verschreiben, mobile Apps, die helfen, ungesunde Verhaltensweisen zu ändern oder das Gesundheitsmanagement zu erleichtern.

Die Sequenzierung von Genomen, das Verständnis der Auswirkungen genetischer Defekte auf das individuelle Krankheitsrisiko und sogar vergleichende Analysen der Krankengeschichte unserer Vorfahren werden dazu führen, dass Gesundheit häufiger gestaltet als festgelegt wird. Patientinnen und Patienten werden sich nicht mehr von einem Arztbesuch zum nächsten unsicher fühlen, da sie dank der von Geräten zur Gesundheitsüberwachung gesammelten und an Telemedizinzentren übermittelten Daten über eine gute und durchgängige Betreuung auch zwischen ihren Termin verfügen.

Wissen ist der Baustein für eine bessere Zukunft

Daten ermöglichen die Planung komplexer Weltraummissionen, die Vorhersage möglicher Risiken für die Astronautinnen und Astronauten und die Vorbeugung von Risiken, bevor sie auftreten. In gleicher Weise werden Big Data und Big Data-Analysen es ermöglichen, den Gesundheitsverlauf von der Geburt bis zum Tod Jahr für Jahr immer präziser zu gestalten.

Machen wir uns keine Illusionen: Daten werden die Rätsel vieler Krankheiten lösen, aber nicht aller. Unser Leben ist eine Ansammlung von Zufällen, von Gesundheitsentscheidungen, die auf Emotionen und nicht nur auf Fakten beruhen, von Zielen und Handlungen, die von der Umwelt geprägt sind. Dieses komplexe System von Beziehungen lässt sich nicht mit einer mathematischen Formel beschreiben. Aber die Daten ermöglichen es, Krankheitsmechanismen zu entdecken, so dass wir nicht mehr auf Behandlungen zurückgreifen müssen, die auf Versuch und Irrtum beruhen.

Diese Datenmengen, dank derer die Wissenschaft große Entdeckungen machen und die Gesundheitsversorgung einen noch nie dagewesenen Evolutionsschritt machen wird, werden dank der von Patientinnen und Patienten oder Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung gestellten Informationen entstehen. Die Zukunft der Medizin hängt davon ab, ob wir die Daten zu unseren Gunsten arbeiten lassen.

Artur_Olesch
Artur Olesch ist freiberuflicher Journalist mit mehr als 20-jähriger Erfahrung und einem Portfolio von mehr als 1000 Beiträgen zur digitalen Transformation. Olesch ist Gründer von aboutDigitalHealth.com und Knowledge Broker des gesellschaftlichen und technologischen Einflusses von bahnbrechenden Entwicklungen im Bereich healthcare. Er hat bereits mehr als 40 Unternehmen (darunter das HIMMS, die WHO und die World Bank) dabei unterstützt, fesselnden, inspierierenden und objektiven Content zu erschaffen. ©Artur Olesch

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