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Impfreaktionen von Impfkomplikationen und Impfschäden abgrenzen

  • Freitag, 15. September 2023
  • Quelle: Impfsymposium Deutscher Ärzteverlag 2023

Nebenwirkungen von Impfungen, deren Häufigkeit in klinischen Zulassungsstudien sicher beurteilt werden kann, sind lokale Reaktionen, kurze Fieberepisoden, Kopfschmerzen und Ähnliches. Um seltenere Impfkomplikationen oder auch sehr seltene Impfschäden korrekt zu erfassen, ist die zuständige Behörde darauf angewiesen, dass Ärztinnen und Ärzte auftretende Probleme im alltäglichen Einsatz von Impfstoffen zuverlässig melden. Dies erläuterte Dr. med. Dirk Mentzer, Leiter des Referats Pharmakovigilanz am Paul-Ehrlich-Institut in Langen, beim Symposium des Deutschen Ärzteverlages am 14. Juni 2023 zum Thema „2023 – JEDE IMFPUNG ZÄHLT! IMPFLÜCKEN BEI STANDARD- UND INDIKATIONSIMPFUNGEN SCHLIESSEN“. Ein wichtiger Hinweis von ihm: Es gibt keine Hinweise darauf, dass unter Immunsuppression gehäuft Impfnebenwirkungen auftreten würden.

/Yakobchuk Olena, stock.adobe.com
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Wie Mentzer erklärte, geht man grundsätzlich davon aus, dass 2 Wochen nach Gabe von Totimpfstoffen und 4 Wochen nach Gabe von Lebendimpfstoffen ein zeitlich plausibler Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer Impfnebenwirkung nicht mehr hergestellt werden kann. Verschiedene Impfnebenwirkungen kommen in unterschiedlicher Häufigkeit vor.

Häufig, gelegentlich oder selten

Impfreaktionen, z.B. eine Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle oder eine kurzfristig erhöhte Körpertemperatur, sind mit einer Häufigkeit ≥ 1 % beschrieben. Damit sind sie so häufig, dass sie in klinischen Zulassungsstudien mit Impfstoffen zuverlässig erfasst werden können und so auch Eingang finden in Produktinformationen, erklärte Mentzer.

Als „über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung“ gelten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) durch die Impfung ausgelöste behandlungsbedürftige Erkrankungen, z.B. eine Thrombozytopenie nach einer Masern-Mumps-Röteln-Impfung. Impfkomplikationen, die mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen ≥ 0,1 % und < 1 % beobachtet werden, zählen zu den gelegentlichen Nebenwirkungen.

Mentzer
Die Ausführungen in diesem Beitrag stammen aus dem Impulsvortrag von Dr. med. Dirk Mentzer, Leiter des Referats Pharmakovigilanz am Paul-Ehrlich-Institut in Langen, beim Impfsymposium 2023 des Deutschen Ärzteverlags, © Dirk Mentzer

In klinischen Studien, so Mentzer, werden Nebenwirkungen, die mit einer Häufigkeit von etwa 0,1 % auftreten, nur dann statistisch greifbar, wenn deren Population mindestens 3000 Patientinnen und Patienten umfasst. Für Zulassungsstudien für Impfstoffe werden deshalb entsprechend große Studienpopulationen gefordert. Trotzdem können seltene (≥ 0,01 % und < 0,1 %) und sehr seltene (≥ 0,001 % und < 0,01 %) Impfnebenwirkungen durch Zulassungsstudien nicht immer sicher erfasst werden, sondern häufig erst im Rahmen der Postmarketing-Surveillance.

Umgangssprachlich mit Impfkomplikationen in einen Topf geworfen werden fälschlicherweise Impfschäden. Definiert sind Impfschäden als bleibende Gesundheitsschäden in kausalem Zusammenhang mit der Impfung. Sie werden als Einzelfälle beobachtet, wie Mentzer ausführte. Ihre Anerkennung ist im IfSG § 11 und § 60 geregelt. Sie erfolgt durch das zuständige Versorgungsamt nach individueller medizinischer Begutachtung.

Die Bilanz fällt zugunsten der Impfung aus

Immundefiziente Patientinnen und Patienten sind in erhöhtem Maße gefährdet für impfpräventable Infektionen und schwere Erkrankungsverläufe. Impfungen sind deshalb dringlich geboten. Ein erhöhtes Risiko für schwere Impfnebenwirkungen besteht für diese Patientinnen und Patienten nicht, zumindest was Totimpfstoffe betrifft, so die Erkenntnisse des Paul-Ehrlich-Instituts. Auch bei Schwangeren können Totimpfstoffe problemlos eingesetzt werden und sollten dies auch werden.

Dr. med. Angelika Bischoff

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