Q&A Teil 4: Impfen in der Rheumatologie und Immunologie
Viele Therapien mit Medikamenten können Wechselwirkungen mit Impfstoffen auslösen, die Wirkung der Impfungen abschwächen oder diese gar komplett aufheben. Die folgenden Fragen und Antworten des vierten Teils der Questions & Answers-Reihe zum Impfsymposium 2023 beziehen sich auf die Fachbereiche Rheumatologie und Immunologie.

Fragen | Antworten |
Sollten Patientinnen und Patienten mit polyglandulären Autoimmunerkrankungen (M. Addison, Hashimoto, Vitiligo, Typ A-Gastritis etc.), die unter Dauersubstitution aller Hormone stehen, anders geimpft werden als Patientinnen und Patienten ohne solche Erkrankungen? | Diese Patientinnen und Patienten sind aufgrund ihrer Grunderkrankung einem erhöhten Risiko ausgesetzt, bei einer Infektion Komplikationen zu entwickeln. Sie sollten deshalb alle Impfungen erhalten, die die STIKO bei Autoimmunerkrankungen oder Stoffwechselkrankheiten vorsieht (Pneumokokken, Influenza, Herpes zoster ab 50). Alle anderen Impfungen sollten sorgfältig und regelrecht durchgeführt werden. |
Vor oder nach Therapie mit Eculizumab und überlappender Hochdosis-Steroidtherapie (100 mg SDH/D) – wie können eine Hepatitis-A/B-Prophylaxe und eine Impfung gegen Pneumokokken oder Meningokokken gestaltet werden? Soll bei Nonrespondern der Titer bestimmt werden? | Unter Eculizumab ist das Risiko für Meningokokkeninfektionen erhöht, so wie auch nach Splenektomie. Deshalb sollte möglichst 2 Wochen vor Therapiebeginn eine Impfung mit einem ACWY-Impfstoff erfolgen, gleichzeitig kann eine Impfung gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae durchgeführt werden. Später zusätzliche Nachimpfung mit Meningokokken-B-Impfstoff, so von der STIKO empfohlen, mit weiterer Nachimpfung nach 4 Wochen. Die Patientinnen und Patienten sollten ab Therapiebeginn bis mindestens 2 Wochen nach der ersten Impfung ein Standby-Antibiotikum zu Hause haben (z.B. Ciprofloxacin) und über die Symptomatik einer beginnenden Meningitis aufgeklärt sein, in diesem Fall unverzüglich ärztliche Notfallhilfe holen. Wegen der zugrundeliegenden Immundefizienz ist auch eine Impfung gegen Hepatits B, gegebenenfalls auch Haemophilus influenzae und Hepatitis A, indiziert; diese können im Verlauf nachgeholt werden. Wird Eculizumab wegen einer paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) verabreicht, so empfehlen einige Handreichungen die Durchführung von Impfungen zeitnah im Zusammenhang mit der Gabe des IgG2/4κ-Antikörpers. Diese Empfehlung ist von der Idee geprägt, durch die zeitliche Nähe eine hämolytische Krise durch die Impfung zu vermeiden, ohne dass jedoch klar ist, wie oft und bei welchen Impfungen das überhaupt passiert. Bei dem Einsatz von Eculizumab im Rahmen von anderen immunologischen Krankheitsbildern ist das aber nicht der Fall. Hier sollte die Impfung im Intervall zwei Wochen nach der Arzneimittelapplikation stattfinden. |
Gibt es bei Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Methotrexat behandelt werden, Besonderheiten wenn es um Impfungen geht? Soll hier der Antikörper-Titer gegen Hepatitis B bestimmt werden? Übernimmt die Kasse die Kosten für Titerbestimmung? | Methotrexat wird bei rheumatologischen Erkrankungen in einer niedrigeren Dosis verabreicht als bei onkologischen Erkrankungen. Das Arzneimittel sollte 1-2 Wochen nach einer geplanten Impfung pausiert werden. Nach abgeschlossener Grundimmunisierung kann der AK-Titer bestimmt werden, um festzustellen, ob der Impfschutz ausreicht oder ob nachgeimpft werden muss. Die Kosten trägt in dieser Indikation der gesetzliche Leistungsträger. |
Gibt es Besonderheiten bei der Impfung unter JAK-Inhibitoren, Abatecept, Rituximab oder Mycophenolat? | JAK-Inhibitoren sollten 1-2 Tage vor und bis 1 Woche nach jeder Impfung pausiert werden. Abatacept sollte eine Woche vor und nach jeder Impfung pausiert werden. Mycophenolat sollte 1 Woche nach jeder Impfung pausiert werden. Rituximab verhindert eine Impfantwort. Wenn Impfungen indiziert sind, sollte gegebenenfalls für diese Zeit eine alternative Therapie erwogen werden. Der erste bzw. nächste RTX-Zyklus sollte auf 2-4 Wochen nach Beendigung der Impfserie verschoben werden, die erste Impfung sollte erst 4-6 Monate nach der letzten RTX-Gabe durchgeführt werden, lediglich bei Risikopatienten auch früher, wobei der Impferfolg dann unsicher ist. |
Sind Besonderheiten zu beachten, wenn unter Corticoiden geimpft werden soll? | Die Corticoid-Dosis sollte wenn möglich vor der Impfung und bis 1-2 Wochen danach auf 10 mg Prednisolon-Äquivalent oder darunter gesenkt werden, um eine ausreichende Impfantwort erreichen zu können. Ist das nicht möglich, so sollten Impfungen deswegen nicht weggelassen werden, weil bei Impfungen unter höherer Corticoid-Dosierung zumindest ein partieller Impfschutz erreicht werden kann, auf den nicht verzichtet werden sollte. |
Sollte eine immunsuppressive oder -modulatorische Therapie wegen einer Impfung reduziert oder pausiert werden? | Unter einem Prednisolon-Äquivalent von 10 mg/d oder darunter, unter Hydroxychloroquin, Sulfasalazin, Leflunomid, Azathioprin, Calcineurin-Inhibitoren, Inhibitoren von TNF-alpha, IL-6, IL-1, IL-17, IL-12/23, IL-23 kann und sollte geimpft werden, ohne die empfohlene Impfstrategie oder die rheumatologische Therapie zu verändern. |
Braucht es unter allen Checkpoint-Inhibitoren und Biologicals einen erweiterten Impfschutz? | Nicht die Checkpoint-Inhibitoren sind das Problem, sondern die Grunderkrankung, die das Risiko für schwere Komplikationen bei einer Infektion erhöht. Die Verwendung von Checkpoint-Inhibitoren und Biologicals verändert die Impfempfehlungen und -schemata nicht, mit Ausnahme der Anwendung von CD20-Antikörpern. |
Ist unter Biologicals auch eine Hepatitis-A-Impfung sinnvoll? Sie wird von der STIKO nur nach Organtransplantation empfohlen. | Da die STIKO die Hepatitis-A-Impfung unter Biologicals nicht empfiehlt, gibt es hierfür auch keine Kostenübernahme durch die Leistungsträger. |
Multiple Sklerose, keine immunmodulierende Therapie. Welche Empfehlungen gibt es zur Impfung gegen Herpes zoster, FSME, Covid? | In sehr seltenen Fällen kann eine vorübergehende Aktivierung einer MS durch eine Impfung beobachtet werden, die aber immer selbstlimitierend ist. Impfungen sollten nicht aus diesem Grund unterlassen werden. Eine Impfung gegen Herpes zoster ab dem 50. Lebensjahr, FSME-Impfung und Auffrischungen unabhängig vom Alter und eine Covid-Auffrischung jährlich sind hier empfehlenswert. |
Beratung: Prof. Dr. med. Christof Specker, Essen