RSV-Infektion ist (k)eine Kinderkrankheit: Alles für die Prävention
Das RS-Virus ist eine Gefahr für Säuglinge und Kleinkinder. Bereits innerhalb der ersten zwei Lebensjahre haben die meisten Kinder schon eine Infektion durchgemacht. Aber das Virus ist nicht nur ein Problem bei Kleinkindern.

Das RS-Virus hat auch die Erwachsenen im Visier, insbesondere im höheren Lebensalter und mit Komorbiditäten. Immunität wird nicht erlangt, Re-Infektionen sind also möglich. Nach geschätzten Erhebungen aus 2019 liegt die Zahl RSV-assoziierter akuter Atemwegsinfekte bei Erwachsenen hierzulande bei 400.000. 34.000 wurden wegen einer RSV-Infektion hospitalisiert und 2.500 sind verstorben. Das sei ein erheblicher „Burden of Disaease“, so Prof. Dr. med. Tino Schwarz, Würzburg, in einem Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt. Aus diesem Grund plädiert er für einen zeitnahen RSV-Impfschutz.
Die Triple-Epidemie
RSV war ein mitbestimmender Atemwegserreger während der gesamten Wintersaison. Und es wird davon ausgegangen, dass das so bleibt. Künftig ist also mit einer „Triple-Epidemie“ zu rechnen, in der neben Influenza und COVID-19 auch RSV mitmischt. „Dieses Muster wird uns begleiten, wenn wir die Impfprogramme nicht stringenter fahren“, betont Schwarz. Mit Blick auf diese Daten verweist er auf die Empfehlungen für eine RSV-Impfung von Experten verschiedener Fachgesellschaften. Die beiden bislang zugelassenen Impfstoffe werden aktuell von der Deutschen Gesellschaft für Beatmungsmedizin und Pneumologie für Menschen ab 60 Jahre mit entsprechenden Komorbiditäten empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatoonkologie empfiehlt sie, off label, immundefizienten Patientinnen und Patienten schon ab 18 Jahren bei bestimmten Grunderkrankungen. Wichtig für die Praxis: Die Koadministration der Vakzine ist möglich. Es ist aber davon auszugehen, dass alle drei oder vier Jahre geboostert werden muss. Wann die STIKO ihre Empfehlung abgeben wird, sei ein Blick in die Glaskugel. Zwischen der Empfehlung und der Kassenzulassung vergeht ein Zeitraum von mehreren Monaten. Dabei ist davon auszugehen, dass die Zahl der RSV-assoziierten Hospitalisierungen zurückgehen wird.
Risikofaktor Alter und Komorbidität
Dass eine RSV-Infektion keine Kinderkrankheit ist, zeigt eine ganze Reihe von Daten. Bei den über 60-Jährigen mit Atemwegserkrankungen wurden in der BUCOSS-Studie in 57 % der ARI-Patientinnen und -Patienten respiratorische Viren gefunden, bei 21 % davon RSV. Laut RKI kam es zwischen 11/2022 und 6/2023 zu mehr als 12.000 Krankenhauseinweisungen wegen einer RSV-Infektion. Mehr als 80 % der intensivmedizinischen RSV-Fälle betraf Menschen über 60 Jahre. Um sie zu schützen, muss ein genauer Blick auf diese Altersgruppe gerichtet werden. Neben den älteren Erwachsenen jenseits der 60 Jahre sind es vor allem Erwachsene mit Komorbiditäten, die durch RSV besonders gefährdet sind. Neben Atemwegserkrankungen gehören u.a. auch kardiovaskuläre Erkrankungen dazu, neurologische Probleme oder ein Diabetes mellitus. Schwarz betont die kongestive Herzinsuffizienz, eine chronische und fortschreitende Herzerkrankung, als einen erheblichen Risikofaktor. Diese Patientinnen und Patienten hätten eine 8-fach höhere Wahrscheinlichkeit für eine RSV-bedingte Hospitalisierung.
Der Vergleich von Influenza und RSV-Infektion zeigt, dass ein RSV-Infekt die Influenza bezüglich des Schweregrads in mehrerlei Hinsicht in den Schatten stellt. „In der Fallschwere ist eine RSV-Infektion mit der Influenza vergleichbar“, so Schwarz. Die klinische Belastung durch RSV gegenüber Influenza ist höher, wenn man den Krankheitsverlauf bei älteren Erwachsenen vergleicht, die entweder mit einer Influenza (n=1878) oder einer RSV-Infektion (n=645) hospitalisiert wurden. Krankenhausaufenthalte sind länger, Exazerbationen bei Patienten mit COPD, Asthma oder einem Emphysem häufiger. Die Wahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit nach dem Infekt ist bei RSV um das 1,3-Fache höher. Und selbst das Überleben ist nach einer RSV-Infektion deutlich reduziert. Ein RSV-Infekt verläuft also schwerer als eine Influenza, resümiert Schwarz. Was schon länger bekannt ist: Mit der Grippewelle kommt die „Myokardwelle“. Das gilt auch für RSV-Infekte. Influenza erhöht die Gefahr um das 6,5-Fache, RSV um das 3,05-Fache. Beide Viren scheinen thromboembolische Ereignisse zu triggern. Insgesamt kann das nur heißen: Wer gegen Influenza impft, muss auch gegen RSV impfen.
In der Diskussion ist die Impfung von Schwangeren. Für die Schwangerschaft ist derzeit bereits ein RSV-Impfstoff für die Impfung zwischen Schwangerschaftswoche (SSW) 24 und 36 zugelassen. Laut Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe soll ab Schwangerschaftswoche 32 geimpft werden.