Ältere Menschen und Tumorkranke benötigen umfassenden Impfschutz
Ältere Menschen sowie Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen sind besonders gefährdet, um bei einer Infektion schwer und folgenreich zu erkranken. Dies war eines der zentralen Themen beim Symposium des Deutschen Ärzteverlages am 13. Juni 2023 zum Thema „2023 – JEDE IMFPUNG ZÄHLT! IMPFLÜCKEN BEI STANDARD- UND INDIKATIONSIMPFUNGEN SCHLIESSEN“. Sie müssen deshalb durch Impfungen so umfassend wie möglich geschützt werden, wie Prof. Dr. med. Oliver Cornely, Facharzt für Onkologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Köln und seit 2019 Vorsitzender der AG Infektiologie in der DGHO, erläuterte. Dass in beiden Risikogruppen mit einer verminderten Impfantwort zu rechnen ist, darf keinesfalls dazu führen, auf das Impfen zu verzichten. Und extrem wichtig ist vor diesem Hintergrund, dass auch deren Bezugspersonen vollständig geimpft werden.

Zudem muss man bei älteren Patientinnen und Patienten grundsätzlich mit einer Immunseneszenz rechnen, selbst dann, wenn sich noch keine Grunderkrankungen eingestellt haben, wie Cornely ausführte. Die Immunseneszenz könne auch ein vermindertes Ansprechen auf Impfstoffe beinhalten.
Lokalreaktion als positives Zeichen
Cornely verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass er fast froh darüber ist, wenn seine onkologischen Patientinnen und Patienten nach einer Impfung über eine Lokalreaktion klagen. Denn das sei ein gutes Zeichen dafür, dass eine Immunantwort stattgefunden habe. Auch seinen Patientinnen und Patienten gegenüber weist der Onkologe gerne auf diese positive Seite dieser Nebenwirkung hin.
In primären Wirksamkeitsstudien mit Impfstoffen sind Patientinnen und Patienten über 75 Jahren kaum vertreten. Die Forschung mit bereits klinisch etablierten Impfstoffen fokussiert deshalb gezielt auf solche Patientengruppen. Beispielsweise hat eine Studie mit den beiden mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 herausgefunden, dass eine höhere Dosis bei der Booster-Impfung bei über 75-Jährigen mehr Effektivität bringt, erklärte Cornely.
Booster-Impfung senkt COVID-19-Mortalität bei Menschen mit onkologisch-hämatologischen Erkrankungen

In einem Register, das die Universitäten Rom und Köln initiiert haben, wurden 9000 COVID-Infektionen bei Patientinnen und Patienten mit hämatologisch-onkologischen Grunderkrankungen erfasst. Eine neuere Analyse dieser Daten ergab, dass Patientinnen und Patienten, die zuvor mindestens zweimal geimpft waren im Vergleich zu denen, die ungeimpft erkrankt waren, eine geringere Gesamtsterblichkeit von 9 % versus 31 % aufwiesen.
Eine weitere aktuelle Auswertung hat gezeigt, dass die Booster-Impfungen einen noch weiteren Rückgang der Sterblichkeit auf 4 % bewirkt haben. Die Corona-Impfung hat also auch diese Patientinnen und Patienten erfolgreich vor einem fatalen Ausgang einer COVID-19-Infektion geschützt.
Manche Therapien behindern Impfreaktion
Manche onkologischen Patientinnen und Patienten erhalten Therapien, die ein Ansprechen auf Impfungen meist vollständig unterdrücken. Dies gilt für die Stammzelltransplantation oder die CART-Zell-Therapie. „Wir wollen aber solchen Patienten nicht zumuten, so lange auf die Impfung zu warten, bis die laufende Therapie beendet ist“, betonte Cornely. Im Rahmen einer aktuellen Studie würden solche Patientinnen und Patienten deshalb alle 4 Wochen geimpft, so lange, bis sie mit einer Lokalreaktion, Antikörperantwort oder einem zellulären Schutz ansprechen.
Der beste Zeitpunkt ist sofort nach der Krebsdiagnose
Impflücken sollten am besten bereits geschlossen werden, sobald ein Verdacht auf eine maligne Erkrankung besteht, riet Cornely. „Die Mehrzahl dieser Erkrankungen galoppiert nicht davon, sondern es vergeht Zeit, bis aus einer verdächtigen Raumforderung oder einem vergrößerten Lymphknoten eine Krebsdiagnose geworden ist und eine Therapie eingeleitet wird“, so der Onkologe. Diese Zeit, in der auch eine Immundefizienz noch nicht allzu weit fortgeschritten ist, sollte man zum Impfen nutzen. Alle Totimpfstoffe können problemlos eingesetzt werden. Bringt man in dieser Zeit z.B. bei einem Lymphompatienten eine Zosterimpfung unter, dann wird dieser vor einer Herpes-zoster-Reaktivierung geschützt sein. Lässt man diese Chance ungenutzt vergehen, wird fast jeder Lymphompatient irgendwann an Herpes zoster erkranken.