Europa verzeichnet Rekordzahlen bei Chikungunya- und West-Nil-Fieber
Chikungunya-Fieber und Infektionen mit dem West-Nil-Virus (WNV) als in Europa übertragene Krankheiten nehmen in den vergangen Jahren deutlich zu. Klimatische Veränderungen führen in Europa zu einem „neuen Normal“: Längere Sommer, mildere Winter und veränderte Niederschlagsmuster schaffen ideale Bedingungen für die Ausbreitung der Vektoren und verlängerte Übertragungsperioden. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) warnt daher vor einer weiteren Zunahme der Fallzahlen.

Rekordausbrüche von Chikungunya- und West-Nil-Fieber
Im Jahr 2025 wurden bereits 27 Chikungunya-Ausbrüche in Europa dokumentiert – so viele wie nie zuvor. Besonders bemerkenswert ist das erstmalige Auftreten eines lokal erworbenen Falls in der französischen Region Elsass, was die fortschreitende Ausweitung des Infektionsrisikos nach Norden unterstreicht. Die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die als Hauptvektor gilt, ist mittlerweile in 16 europäischen Ländern und 369 Regionen etabliert, im Vergleich zu lediglich 114 Regionen vor einem Jahrzehnt.
Auch die West-Nil-Virus-Infektionen haben neue Rekordwerte erreicht. Bis Mitte August wurden 335 lokal erworbene humane Infektionen und 19 Todesfälle aus acht europäischen Ländern gemeldet, wobei Italien mit 274 Fällen am stärksten betroffen ist. Neu betroffen sind unter anderem die italienischen Provinzen Latina und Frosinone sowie der rumänische Kreis Sălaj. Damit weitet sich das Verbreitungsgebiet kontinuierlich aus. Experten erwarten, dass der saisonale Höhepunkt der WNV-Übertragungen im Spätsommer erreicht wird.
ECDC-Leitlinien für praxisnahe Maßnahmen
Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten hat das ECDC Empfehlungen veröffentlicht, die praxisorientierte Maßnahmen zur Überwachung, Prävention und Bekämpfung von Chikungunya-, Dengue- und Zika-Virus-Infektionen enthalten. Ergänzend liegt ein eigenes Dokument für das West-Nil-Virus vor. Ziel ist es, Gesundheitsbehörden eine fundierte Grundlage für Risikoanalysen und Vektorkontrollmaßnahmen bereitzustellen, auch in Ländern mit bislang geringer Erfahrung im Umgang mit diesen Infektionen.
ECDC-Direktorin Pamela Rendi-Wagner betonte in diesem Zusammenhang, dass Europa in eine neue Phase eingetreten sei, in der sich die saisonale Dynamik mückenassoziierter Infektionskrankheiten spürbar verändert – mit längeren und intensiveren Übertragungsperioden. Vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Verfügbarkeit von Impfstoffen zunehmend an Bedeutung: Während für das Chikungunya-Virus inzwischen Vakzine bereitstehen, fehlt ein entsprechender Schutz für das West-Nil-Virus bislang.
Ausblick und Fazit
Klimatische Veränderungen und invasive Mückenarten begünstigen die Verbreitung von Erkrankungen wie Chikungunya und West-Nil-Fieber – auch in Europa und unabhängig von Tropenreisen. Für die ärztliche Praxis bedeutet das: entsprechende Symptome sollten differenzialdiagnostisch berücksichtigt, Verdachtsfälle frühzeitig gemeldet und Patientinnen und Patienten gezielt über Schutzmöglichkeiten aufgeklärt werden.
Quelle: European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), Pressemitteilung vom 20. August 2025; https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/world-mosquito-day-2025-europe-sets-new-records-mosquito-borne-diseases-ecdc-supporting