HPV-Impfquoten viel zu niedrig – Politik sucht dringend Lösungen
Die Impfung gegen humane Papillomviren ist die einzige Impfung, die Krebserkrankungen und ihre Vorstufen sicher verhindern kann. Die Studienlage ist gesichert, der Impfstoff bewährt. Doch mit 54% der Mädchen und weniger als 20% der Jungen sind immer noch viel zu wenige Jugendliche gegen die Erreger geimpft. Die Politik diskutiert schon seit langem, mit welchen Strategien die Impfquoten verbessert werden könnten. Auf der 8. Nationalen Impfkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern (MV) wurden neue Projekte aus Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Hier liegt die Impfquote bei Mädchen bei über 70%. Noch bleibt es dabei, dass die Impfungen in diesem Bundesland auch weiterhin im Rahmen der niedergelassenen ärztlichen Versorgung alloziert werden.

Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten. Die Krankheitslast ist bei Männern und Frauen hoch, und sie ist breit gefächert. Neben gutartigen, aber durchaus lästigen Genitalwarzen können HPV Karzinome im Genitalbereich, der Analregion und Tumoren der Kopf-Hals-Region verursachen, erläuterte die niedergelassene Frauenärztin Dr. med. Marianne Röbl-Mathieu, München, Mitglied der STIKO und seit 2024 deren stellvertretende Vorsitzende. Das Risiko einer HPV-Erkrankung lässt sich mit den zugelassenen prophylaktischen Impfstoffen erheblich senken. Insbesondere bei zeitgerechter Verabreichung – also eher mit 9-10 Jahren als mit 14 Jahren – lässt sich mit hoher Wirksamkeit ein Großteil der klinischen HPV-Manifestationen verhindern, so Röbl-Mathieu.
Luft nach oben – bei Jungen und bei Mädchen
Die WHO hat sich, gemeinsam mit Instanzen auf europäischer Ebene, die weltweite Elimination des Zervixkarzinoms als Folge flächendeckender Impfprogramm als eines ihrer Ziele auf die Fahnen geschrieben. WHO und EU-Kommission haben sich das auch von Deutschland unterstützte Ziel gesetzt, bis 2030 eine Impfquote von mindestens 90% bei Mädchen und eine deutliche Steigerung bei Jungen zu erreichen.
Den Trend nach unten stoppen
Die STIKO empfiehlt aktuell zur Reduktion der Krankheitslast durch HPV-assoziierte Tumoren die Impfung HPV für Mädchen und Jungen im Alter von 9-14 Jahren. Die Akzeptanz der HPV-Impfung ist allerdings nach wie vor schlecht, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Das Bundesland liegt zwar im bundesweiten Vergleich der im Rahmen der KV-Surveillance veröffentlichten HPV-Impfquoten bei den 15- und 18-jährigen Jungen und Mädchen auf einem Spitzenrang, berichtete Dr. Martina Littmann, Abteilungsleiterin Gesundheit des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGuS) M-V und belegt gemeinsam mit Sachsen-Anhalt mit Impfquoten von knapp über 70% bundesweit die ersten Plätze. In den letzten Jahren ist jedoch die Zahl der Erstimpfungen deutschlandweit und auch in MV zurückgegangen. Um die HPV-Impfquoten zu erhöhen, hat die Gesundheitsministerkonferenz bereits 2021 diverse Maßnahmen beschlossen, die im HPV-Konzept der nationalen Lenkungsgruppe „Impfen“ aufgegriffen werden. Das gemeinsam von Mitgliedern des Bund-Länder-Gremiums und weiteren Expertengruppen erarbeitete Konzept zielt darauf ab, das Wissen um die Impfung in der Bevölkerung zu verbessern sowie Impfbereitschaft und Impfquoten in den einzelnen Zielgruppen zu erhöhen. Erreichen will man das durch vier strategische Schwerpunkte:
Öffentlichkeitsarbeit
Impfkommunikation und -qualifikation
Impfmanagement und Abbau von Impfhürden
Surveillance-Maßnahmen und Evaluation.
Im Rahmen der „Interventionsstudie zur Steigerung der HPV-Impfquoten in Deutschland“ – InveSt HPV – werden als Ansatzpunkte zur Steigerung der HPV-Impfquoten Einladungs- und Erinnerungssysteme von Ärztinnen, Ärzten und Leistungsträgern und Hürden in der Impfkommunikation adressiert.
Schulprojekt: Zielgruppe adressieren
Um die Frage nach geeigneten Strategien zur Erhöhung der Impfquoten zu beantworten, hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) in Kooperation mit dem Sozial- und dem Bildungsministerium MV, der Universitätsmedizin Rostock und der Krebsstiftung „Betroffen“ das HPV-Pilotprojekt „Schüler informieren Schüler“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Projektes sollen Schüler der 5. Klassen sowie deren Eltern gezielt in Sachen HPV aufgeklärt werden, erläuterte Martina Littmann vom LAGuS. Wichtig sei generell die Sensibilisierung für die Problematik und der Abbau möglicher Vorurteile. Nach Informations- und Diskussionsrunden mit den Schulämtern, dem Landeselternrat, den Lehrern und Eltern wurde zu Beginn der Projekttage ein altersgerechter Einführungsvortrag durch Medizinstudierende in den Klassen gehalten. Im Anschluss wurden den Schülerinnen und Schülern interaktive Diskussionsrunden angeboten. Dabei kamen auch neue Informationsmaterialien, herausgegeben vom Sozialministerium MV zusammen mit dem LAGuS, zum Einsatz.
Quelle: 8. Nationale Impfkonferenz, 13.-14. Juni 2024 in Rostock. Session A: Impfempfehlungen und Impfziele in Europa und Deutschland/Internationale Impfziele