Lipidtherapie: Trotz moderner Medikamente werden LDL-C-Zielwerte kaum erreicht
Anlässlich der letztjährigen Herztage der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie machte sich Prof. Dr. Ulrich Laufs, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig, für die Lipidtherapie stark. 80 Prozent der Sterbefälle durch kardiovaskuläre Erkrankungen könnten vermutlich verhindert werden, mahnte er: „So wichtig die Behandlung fortgeschrittener Komplikationen ist, muss es auch unser Ziel sein, dass Erkrankungen wie etwa die Aortenstenose gar nicht erst entstehen.“ Die Lipidtherapie zur Senkung von LDL-Cholesterin (LDL-C) nehme daher in der Kardiologie mittlerweile „ein Center-Space“ ein, sagte er.

Deutschland schaffe es seit Jahren nicht, die Therapieziele der Leitlinie zu erfüllen: „Beispielsweise sollen Patientinnen und Patienten mit sehr hohem bzw. hohem kardiovaskulärem Risiko demnach ein LDL-C <1,4mmol/l (55mg/dl) bzw. LDL-C <1,8mmol/l (70mg/dl) erreichen“, so der Professor. „Zusätzlich soll der Wert um mindestens 50 % im Vergleich zum Ausgangswert gesenkt werden.“ Bei nur 20 Prozent der Hochrisikopatienten lägen diese Erfolgsergebnisse vor.
Laufs verwies in dem Zusammenhang darauf, dass es mittlerweile zusätzlich zu den etablierten HMG-CoA-Reduktase-Hemmern (Statinen) weitere „wirkungsvolle neue Medikamente“ gebe. Er halte etwa viel von der Strategie – ähnlich wie zur Senkung von Bluthochdruck oder Behandlung von Diabetes –, früh mit einer Kombinationstherapie zu beginnen. Neben Maßnahmen zu Veränderungen am Lebensstil können Statine und der Cholesterin-Resorptionsinhibitor Ezetimib direkt zusammen verordnet und möglichst sogar in einer Tablette verabreicht werden. Die Kombinationsmedikation sei gerade für Patientinnen und Patienten mit hohem LDL-C und hohem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen die Therapie der Wahl. Gemeinsam mit der Bempedoinsäure könnten Kardiologen in der Behandlung von LDL-C damit auf drei orale Therapieprinzipien zurückgreifen, für die randomisierte, positive Endpunktstudien vorlägen.
Hoffnungsträger PCSK9-Hemmung
Gelinge es mit diesem Behandlungsansatz nicht, die Zielwerte zu erreichen, ist ein PCSK9-Hemmer, bislang nur zur subkutanen Applikation verfügbar, indiziert. PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) bindet mit LDL-C an LDL-Rezeptoren und fördert den Abbau in den Lyosomen. PCSK9-Hemmer verhindern die Bindung des Enzyms an die Rezeptoren, was zu einer Absinkung des LDL-C führt. „In der Entwicklung ist PCSK9 als Target derzeit das Spannendste“, sagte Laufs. So werde derzeit an oral zu verabreichenden makrozyklischen Peptiden geforscht; auch ein Fusionsprotein (Lerodalcibep) aus Adnektin und humanem Serumalbumin befinde sich in der Entwicklung. „Wenn diese Medikamente ihre Wirksamkeit und Sicherheit belegen, würde dies völlig neue Möglichkeiten in der Lipid-Therapie eröffnen.“ Noch weit entfernt von der klinischen Anwendung, aber konzeptionell sehr vielversprechend sei eine Gentherapie für PCSK9, wie sie ebenfalls derzeit erforscht werde. „Das wäre ein echter, kurativer Ansatz, mit dem es gelingen könnte, PCSK9 genetisch dauerhaft zu modifizieren.“ Bei Affen funktioniere das Prinzip bereits.
Auch auf die Adressierung des Lipoprotein(a) (Lp(a)) als Risikofaktor setzt der Kardiologe Hoffnung. „Inzwischen weiß man, dass das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse fast linear mit der Konzentration von Lp(a) im Blutserum steigt.“ Durch den Lebensstil ist die Lp(a)-Konzentration nicht beeinflussbar. Umso wichtiger, dass derzeit Medikamente klinisch getestet werden, die Lp(a) selektiv und hochwirksam reduzieren könnten.
Doch trotz aussichtsreicher Forschung und auch angesichts der vorhandenen medikamentösen Möglichkeiten steht für den Kardiologen fest: „Wir machen es noch nicht gut genug.“ In der Anstrengung, das LDL-C zu senken, gebe es jedenfalls noch „viel Luft nach unten“.