Vorhofflimmern: Epikardiales Fett im Fokus
Die Katheterablation gilt als erfolgreiche Methode gegen Vorhofflimmern. Und doch kehrt die Herzrhythmusstörung bei zehn bis 50 Prozent der behandelten Patientinnen und Patienten zurück. Könnte es am epikardialen Fett liegen? Am Deutschen Herzzentrum München wird das derzeit erforscht.

Das menschliche Herz ist nicht allein Muskelmasse. Etwa 20 Prozent des kardialen Volumens besteht aus Fettdepots, vor allem aus epikardialem Fett (epicardial adipose tissue, EAT), das sich zwischen dem Myokard und dem viszeralem Perikard befindet. Hier dient es als Puffer und als Energiespeicher für die Versorgung des Herzmuskels. Das Besondere: Zwischen Myokard und Fettgewebe gibt es – anders als etwa beim Skelettmuskel – keine trennende Faszie, auch teilen sich Muskel und EAT eine gemeinsame Blutversorgung durch die Koronararterien.
Nun gerät das EAT immer mehr in den Blick von Ärztinnen und Ärzten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie wollen ergründen, wie sich das EAT auf mögliche Dysfunktionen des Herzens, auf Verlaufsprognosen oder auch auf Therapieerfolge auswirken könnte. Am Münchener Herzzentrum etwa untersucht Prof. Dr. Isabel Deisenhofer, Leiterin der Abteilung für Elektrophysiologie, gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen den Zusammenhang zwischen EAT und Vorhofflimmern (VHF). Ihre Vermutung: Ein hohes Maß an Fettgewebe außen an der Wand des Herzens induziert eine ständige Entzündungsreaktion, woraufhin die Vorhofwand vernarbt. Die Fibrose führt zu weniger weniger elektrischer Aktivität — „und das heißt: weniger gesunde, intakte Herzmuskelzellen“.
Vergleichsweise länger beschäftigt die Wissenschaft bereits, inwieweit EAT mit dem Ausmaß der koronaren Herzkrankheit (KHK) korreliert. So hatten 2007 Jeong et al. bei über 200 KHK-Patientinnen und -Patienten die Dicke des epikardialen Fettgewebes gemessen und mit der Schwere ihrer Krankheit verglichen. Ergebnis: Lag die Dicke des EAT bei ≥ 7,6 mm, war die KHK signifikant stärker ausgeprägt als bei einer Dicke von < 7,6 mm. Weitere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Analog zu solchen Erkenntnissen gehen die Wissenschaftler des DHM nun davon aus, dass das EAT auch eine Rolle spielen könnte, wenn VHF-Patienten nach erfolgter Katheterablation ein Rezidiv erleiden.
Vorhofflimmern: 10%-Rezidivrate nach Ablation
Grundsätzlich sind Katheterablationen eine erfolgversprechende Methode: Mithilfe des Verödungseingriffs, der per Strom oder Kälte erfolgt, kann das Vorhofflimmern in 60 bis 90 Prozent der Fälle beendet werden – auch ein wenig abhängig davon, wie lange die Störung schon besteht. Zuvor galten über Jahre hinweg verschiedene Medikamente als VHF-Therapiestandard: Zur Herzfrequenzkontrolle wurden und werden Betablocker, Calciumantagonisten oder Herzglykoside eingesetzt; zur Stabilisierung empfehlen sich Antiarrhythmika wie Flecainid, Propafenon, Amiodaron oder Dronedaron. Diese können immerhin etwa die Hälfte der VHF-Rezidive verhindern, wenn auch mit großer individueller Variabilität der Wirksamkeit (Quelle: Dtsch Arztebl 2020; 117(15): [14]; DOI: 10.3238/PersKardio.2020.04.10.03) und mit einem Risiko für Nebenwirkungen.
Unterdessen setzt sich die minimal-invasive Verödungsmethode immer weiter durch: Allein in Deutschland wurden 2021 nach Zahlen des aktuellen Deutschen Herzberichts rund 102.700 Katheterablationen durchgeführt, 2020 waren es noch 94.000. Laut der Deutschen Herzstiftung kehrt das VHF bei jeder zweiten betroffenen Person, die mit einer Katheterablation behandelt wurde, nicht wieder. Beim anfallsartigen Vorhofflimmern liege die Erfolgsrate nach einem Jahr bei 70 bis 80 Prozent, nach wiederholten Eingriffen bei bis zu 90 Prozent. Die geringsten Erfolgsaussichten auf eine dauerhafte Heilung haben Betroffene, die bereits längere Zeit an persistierendem VHF leiden. Doch warum es überhaupt zu Rezidiven nach Ablation kommt, stellte die Medizin bislang weitgehend vor ein Rätsel. Könnte es an einem Zuviel an epikardialem Fett liegen?
Radiofrequenzmethode: Mit Strom gegen das erkrankte Gewebe
Die Münchner wollen es wissen: Mit einer speziellen Software ermitteln die Ärztinnen und Ärzte bei 200 Patientinnen und Patienten während der Ablationsprozedur die Menge des epikardialen Fetts, das Verhältnis zwischen Fettgewebe um Vorhof und Kammer sowie das Verteilungsmuster anhand von 3D-Rekonstruktionen des epikardialen Fetts rund um die Vorhöfe. Die Patientinnen und Patienten sind unterschiedlichen Geschlechts, sind unterschiedlich alt und schwer, haben vorübergehendes oder auch persistierendes Vorhofflimmern. Die Ablation erfolgt mit der Radiofrequenzmethode, bei der das erkrankte Gewebe im Herz mit Strom erhitzt wird und danach abstirbt. In einem Follow-up, das aus Anamnese und Langzeit-EKG besteht, wird geprüft: Ist der Patient erfolgreich vom Vorhofflimmern befreit? Welche Probleme, welche Symptome spürt er möglicherweise noch?
Die ersten Auswertungen sind mittlerweile bereits gelaufen, wie Isabel Deisenhofer auf Nachfrage erklärt. Die Ergebnisse, über die sie im Detail noch nichts sagen könne, könnten sich wohl sehen lassen: Der Abstract der Studie ist jedenfalls, das verrät sie, als Kandidat für den Young Investigator Award bei der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim (03.-06.04.24) ausgewählt worden.
Bleibt die Frage, was das neue Wissen um einen Zusammenhang zwischen epikardialem Fett und den Erfolgsaussichten einer Katheterablation bringen kann. Denkbar wäre etwa eine Vorabstratifizierung: Sollte sich in der Studie zeigen, dass sich Patientinnen und Patienten mit einem bestimmten Fettverteilungsmuster nicht für die Ablation eignen, einfach, weil ihre individuelle Chance auf Erfolg sehr gering ist, könnte man ihnen davon abraten. Ihnen somit den Eingriff ersparen und sie weiter auf Medikamente verweisen – den Therapiestandard im Hintergrund.