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Subjektiver kognitiver Verfall: Herpes zoster-Infektion erhöht das Langzeit­risiko

  • Mittwoch, 28. August 2024

Die Auswertung von Daten aus drei großen unabhängigen Kohorten mit Männern und Frauen zeigte, dass eine positive Herpes zoster-Anamnese mit einem erhöhten Langzeitrisiko für einen subjektiven kognitiven Verfall (SCD) einhergeht, möglicherweise abhängig vom APOE4-Carrier-Status.

Herpesvirus/crevis, stock.adobe.com
Herpesvirus/crevis, stock.adobe.com

Es wird schon länger diskutiert: Eine Herpes zoster (HZ)-Infektion in der Anamnese könnte das Langzeitrisiko für subjektive kognitive Einbußen (subjective cognitive decline; SCD) erhöhen.

Von einer „subjektiven kognitiven Beeinträchtigung“ (SCD) wird seit einigen Jahren gesprochen, wenn die geistigen Fähigkeiten nach eigener, subjektiver Einschätzung nachlassen, obwohl objektiv keine Defizite nachweisbar sind. Die Lebensqualität kann beim Vorliegen einer SCD erheblich beeinträchtigt sein. SCD ist zwar ein Risikofaktor für eine spätere Demenz, aber kein eindeutiges Warnsignal. Der Verlust der Kognition schreitet nicht zwingend fort. Wenn sich allerdings zu einer SCD auffällige Werte an Beta-Amyloid im Liquor gesellen, gilt dies als starkes Indiz für die Entwicklung eines Morbus Alzheimer [1].

Die Erfahrung, dass eine Herpes zoster-Infektion oder -Reaktivierung eine SCD auslösen oder verschlechtern kann, wird aktuell untermauert durch die Ergebnisse einer im August 2024 publizierten, prospektiven, groß angelegten Studie aus der Arbeitsgruppe um die Epidemiologin Prof. Sharon Curhan, Harvard Medical School Boston (USA), die 149.327 Daten aus drei großen Kohortenstudien auswertete – der Nurses-Health Studie (NHS), der NHSII-Studie und der HPFS (Health Professionals Follow-up-)-Studie [2].

Die Forschenden kamen zu dem Ergebnis, dass eine positive HZ-Anamnese gegenüber Teilnehmenden ohne HZ-Anamnese signifikant und unabhängig assoziiert ist mit einem erhöhten Risiko (+20%) für eine SCD, und zwar gleichermaßen bei Männern und bei Frauen. In der Subgruppe mit bekanntem APOE4-Status scheint die Assoziation abhängig vom Carrier-Status: Das Vorhandensein von Apolipoprotein APOE4 ist deutlich mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Morbus Alzheimer assoziiert. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch in dieser Studie. Die Ergebnisse waren zwischen Männern und Frauen aber nicht konsistent.

Als Ursache für die Assoziation zwischen Herpes zoster und kognitiver Einbuße wird neben einer Neuroinflammation auch eine direkte neuronale Schädigung diskutiert, etwa auch ein Hörverlust im Zusammenhang mit einem Herpes zoster oticus. Es ist aber ebenso möglich und derzeit nicht auszuschließen, dass eine longitudinale Assoziation zwischen HZ und kognitivem Verfall besteht.

Literatur

  1. Jessen F, Wolfsgruber S, Kleineindam L, Spottke A, Altenstein S, Bartels C, Berger M, Wagner M, Düzel E, et al.: Subjective cognitive decline and stage 2 of Alzheimer disease in patients from memory centers. Alzheimers Dement. 2023 Feb;19(2): 487-497. DOI: 10.1002/alz.12674. Epub 2022 Apr 22. PMID: 35451563.

  2. Yeh TS, Curhan GC, Yawn BP, Willett WC, Curhan SG: Herpes zoster and long-term risk of subjective cognitive decline. Alzheimers Res Ther. 2024 Aug 14;16(1): 180. DOI: 10.1186/s13195-024-01511-x. PMID: 39138535; PMCID: PMC11323373.

Dr. Beate Fessler

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