Todesfälle durch HPV-assoziierte Karzinome senken wirtschaftliche Produktivität
In einer europäischen Studie wurde die Mortalität von Erkrankten mit einer Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) und mit Hepatitis-B-Viren (HBV) während ihrer Lebenszeit im Beruf zur wirtschaftlichen Produktivität der europäischen Volkswirtschaften in Bezug gesetzt. Das wenig überraschende Ergebnis: Die wirtschaftliche Produktivität wird durch HPV- und HBV-assoziierte Karzinome erheblich beeinträchtigt. Erfolgreiche Screening- und Impfprogramme würden Abhilfe schaffen: Sowohl HPV-Infektionen als auch Hepatitiden nach HBV-Infektionen sind durch Impfungen vermeidbar.

Detaillierte Informationen über die Inzidenz und Mortalität HPV-assoziierter Karzinome liefert das Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts: Danach lag die Zahl der Neuerkrankungen für das Zervixkarzinom in Deutschland bei 4.388 (Jahr 2022), für das Vulvakarzinom bei 3.090 und für Analkrebs (Analkarzinom) bei Männern bei 952 und bei Frauen bei 1.622. Besonders häufig manifestiert sich Krebs in Mundhöhle und Rachen mit 4.050 bzw. 9.140 Neuerkrankungen bei Frauen und Männern (Jahr 2020, siehe unten). Der häufigste HPV-induzierte Tumor ist das Zervixkarzinom.
Unter dem Strich geben diese Prävalenzdaten eine erhebliche Zahl an Neuerkrankungen HPV-induzierter Karzinome von knapp 30.000 pro Jahr. In der Mortalität liegen Karzinome der Mundhöhle mit über 5.000 Todesfällen bei Frauen und Männern zusammen pro Jahr in Deutschland an erster Stelle (Krebsdatenbank, 2023), gefolgt von Zervixkarzinomen mit über 1.400 Todesfällen, Vulvakarzinomen mit 1.077 Todesfällen, Analkarzinomen mit insgesamt 643 Todesfällen und dem Peniskarzinom mit 267 Todesfällen. 10-20% der Karzinome in der Genito-Anal-Region sind allerdings nicht HPV-induziert, ebenso wie etwa 50% der Karzinome im Mund-Rachen-Raum.
Hohe Sterblichkeit – erhebliche Einbuße an Produktivität
Die Folgen HPV-induzierter Karzinome sind erheblich, sowohl hinsichtlich Mortalität als auch in Bezug auf die Krankheits- und Folgekosten. Eine aktuell publizierte Studie untersuchte die wirtschaftlichen Folgekosten der verfrühten Mortalität bei Patientinnen und Patienten, die zum Zeitpunkt des Todes noch im Berufsleben standen.
Die Forschenden nutzten ein Modell, das die wirtschaftliche Belastung durch HBV- und HPV-Infektionen für die Gesellschaft widerspiegelt. Der Produktivitätsverlust wegen vorzeitiger Sterblichkeit durch potenziell vermeidbare Krebserkrankungen wurde geschätzt. Dabei berücksichtigt wurden HBV- und HPV-assoziierte Krebsarten in 40 europäischen Ländern, darunter auch Deutschland.
Das Ergebnis: Im Jahr 2019 führten insgesamt 31.906 HBV- und HPV-assoziierte Krebstodesfälle zu einem Produktivitätsverlust von 18,5 Milliarden Euro in Europa. Das HPV-assoziierte Zervixkarzinom ging dabei mit der höchsten Sterblichkeit einher, mit 19.473 Todesfällen und gleichzeitig mit der höchsten wirtschaftlichen Belastung von 10,7 Milliarden Euro in Europa. Deutschland gehörte zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeit, gefolgt von Frankreich und der Ukraine. Gleichzeitig war der Produktivitätsverlust am höchsten mit 3.733.134.848 Euro.
Davon ausgehend, dass die Zahl der Virus-assoziierten Karzinome eher höher ist als angenommen, gilt ein noch höherer Verlust an Produktivität als wahrscheinlich. Es ist davon auszugehen, dass eine verbesserte Prävention durch Impf- und Screening-Programme nicht nur die Mortalität senken, sondern auch die Produktivität der Volkswirtschaften erhöhen würde.
Nicht einbezogen in die Berechnungen wurden Arbeitsausfälle durch Krankschreibungen während Therapie und Rehabilitation. Auch die Folgen von Konisationen, die bei intrazervikalen Neoplasien durchgeführt werden, um Präkanzerosen (die das Risiko für Frühgeburten bei anschließenden Schwangerschaften erhöhen) lokal zu exzidieren, wurden nicht berücksichtigt; zwischen 50.000 und 60.000 Konisationen werden derzeit in Deutschland pro Jahr durchgeführt.
Aber auch ohne diese zusätzlichen Zahlen unterstreichen die Daten die hohe Sterblichkeit und die Produktivitätsverluste in Europa aufgrund von HPV- und HBV-bedingten Krebsneuerkrankungen.
Quelle: Bencina G. et al.: J Med Econ (27 sup2): 30-40