SARS-CoV-2: Milde Erkrankungen scheinen Diabetesrisiko zu erhöhen

Düsseldorf – Bereits eine milde Erkrankung an COVID-19 könnte das Risiko auf einen Typ-2-Diabetes erhöhen. Darauf deutet eine Auswertung zu Hausarztpatienten aus Deutschland in Diabetologia (2022; DOI: 10.1007/s00125-022-05670-0) hin.
Frühere Studien haben gezeigt, dass die Beta-Zellen des Pankreas bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 beschädigt werden können, was im schlimmsten Fall einen Typ-1-Diabetes zur Folge haben könnte. Außerdem scheint die Entzündungsreaktion, zu der es bei COVID-19 kommt, die Insulinempfindlichkeit herabzusetzen, was das Risiko auf einen Typ-2-Diabetes erhöhen könnte. Der im Lockdown erzwungene sitzende Lebensstil könnte das Risiko weiter steigern.
Tatsächlich hat es in den letzten Monaten zahlreiche Berichte von Patienten gegeben, die nach COVID-19 neu an einem Diabetes erkrankt sind. Ob es sich um Einzelfälle handelt oder ob im Schatten der Pandemie eine Welle von Neuerkrankungen bevorsteht, ist derzeit Gegenstand epidemiologischer Untersuchungen.
Ein Team um Wolfgang Rathmann vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf hat hierzu die Datenbank „Disease Analyzer“ ausgewertet, die eine repräsentative Stichprobe von Hausarztpatienten umfasst. Bis Januar 2021 waren 35.865 Patienten an COVID-19 erkrankt. Die Epidemiologen haben sie mit der gleichen Anzahl von Patienten verglichen, die wegen oberer Atemwegserkrankungen in Behandlung waren, bei denen aber keine Infektion mit SARS-CoV-2 vorlag.
Die Analyse ergab, dass in den ersten 365 Tagen 189 COVID-19-Patienten an einem Typ-2-Diabetes erkrankt sind. In der Kontrollgruppe waren es 175 Erkrankungen. Die Inzidenzen betrugen 15,8 versus 12,3 Neuerkrankungen auf 1.000 Personen pro Jahr. Prof. Rathmann ermittelt eine relative Inzidenzrate (IRR) von 1,28, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,05 bis 1,57 signifikant war. Dies bedeutet, dass das Risiko auf einen Typ-2-Diabetes nach einer milden COVID-19 (die vom Hausarzt versorgt wurde), um 28 % erhöht ist.
Patienten und Kontrollgruppe glichen sich in einer Reihe von Faktoren, die die Ergebnisse beeinflussen könnten. Darunter waren Geschlecht, Alter, Krankenversicherungsschutz, Indexmonat und Komorbidität (Adipositas, Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Herzinfarkt, Schlaganfall). Es fehlten allerdings genaue Angaben zum Body-Mass-Index (BMI), den Hausärzte in Deutschland nicht regelmäßig in den Krankenakten festhalten. Es lässt sich deshalb nicht ganz ausschließen, dass andere Gründe für die Diabeteserkrankungen vorliegen.
Das Thema beschäftigt zur Zeit Diabetologen in verschiedenen Ländern. Das internationale CoviDiab-Register sammelt Erkrankungsfälle aus aller Welt. Dabei geht es auch um die Frage, ob COVID-19 durch die Zerstörung der Beta-Zellen einen Typ-1-Diabetes auslösen kann. In der „Disease Analyzer“-Datenbank kam es nur zu wenigen Erkrankungen, so dass Prof. Rathmann hierzu keine Berechnungen durchführen konnte.
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