Vom Arztdasein in Amerika

Die Krise des staatlichen VA-Gesundheitssystems

  • Mittwoch, 4. Juni 2014

Die Krise des staatlichen VA-Gesundheitssystems

Am 30. Mai 2014 ist Eric Shinseki, der den Rang eines Generals der US-Armee innehat und US-Bundesminister des VA-Gesundheitssystemes war, zurückgetreten. Selbst in einigen deutschen Medien ist hierüber berichtet worden. Der Rücktritt ist Folge einer immer gröβer werdenden Krise des staatlichen VA-Systems.

In den USA bezahlt der Staat nämlich nicht nur die Krankenversicherung der Senioren (Medicare), der Armen (Medicaid) und der Nicht-Wohlhabenden (bzw. ihre Bezuschussung im Rahmen von Obamacare), sondern auch das gesamte Gesundheitssystem der aktiven aber auch ehemaligen Mitgliedern der US-Streitkräfte.

Diese Gruppe umfasst etwa neun Millionen Menschen und jeder, der in der US-Armee, -Luftwaffe oder -Marine dient bzw. gedient hat und ehrenhaft ausgeschieden ist, darf lebenslang das Krankenversicherungssystem des Veteranenamtes („U.S. Department of Veterans Affairs“, kurz „V.A.“) benutzen. Dieses Gesundheitssystem besitzt mehr als 950 Einrichtungen und ist logistisch und geografisch unabhängig vom Rest des medizinischen Versorgungssystems. Knapp 162 Milliarden US-Dollar, also etwa 120 Milliarden Euro, kostet das VA-System den US-Bundeshaushalt im Jahr 2014 (www.va.gov/budget/).

Nun sind seit einigen Monaten zunehmend Fälle bekannt geworden, in denen Veteranen zwar an regulären Krankheiten wie Krebsleiden oder Herzinfarkten verstorben sind, aber deshalb als skandalös tituliert, weil sie hätten vermieden werden können. Es wird beispielsweise von exzessiven Wartezeiten von bis zu einem Jahr für Koloskopie-, Kardiologie-, Dermatologie- oder Urologietermine gesprochen oder dass psychisch kranke Soldaten nur schwer einen Psychiatrietermin erhalten. Mittlerweile werden Dutzende von VA-Einrichtungen in der Stadt Chicago oder in den Bundesstaaten Colorado,Texas, Florida oder Wyoming untersucht, da man dort vermeidbare Todesfälle vermutet und zum Teil bestätigt hat. Die Krise scheinen sich jeden Tag auf noch mehr Einrichtungen und Bundesstaaten auszuweiten.

Nun wird das alles noch skandalöser, weil Verwaltungsbeamte im Verdacht stehen, aber auch Ärzte und Pflegepersonal, innerhalb des Veteranensystems die Wartezeiten zum Teil um Monate geschönt zu haben, nur um offiziell kurze Wartezeiten dem Vorgesetzten und der Öffentlichkeit präsentieren zu können. (Siehe z.B. „Späte Behandlung und Betrug als Zeichen eines fehlerhaften VA-Systemes (http://www.azcentral.com/story/news/politics/investigations/2014/05/25/va-medical-care-woes/9564605/) oder „Die VA-Krise und Obama: Schon wieder eine schlechte Administration“ (http://m.startribune.com/opinion/?id=260844821&c=y).

Das alles baut sich allmählich zu einem richtigen Skandal auf, und in diesem Kontext ist der Minister Eric Shineki kürzlich zurückgetreten. Präsident Obama hat schon mehrmals in der Öffentlichkeit hierzu Stellung bezogen. Besonders heikel wird es gerade auch deswegen, weil es im parallel zum VA-System bestehenden regulären Gesundheitssystem in vielen Fällen eben nicht solche Wartezeiten und Vertuschungseffekte gibt.

Aber für uns Deutsche dürfte diese Debatte nicht allzu unbekannt sein, denn in manchen Ansätzen haben wir ähnliche Unterschiede zwischen dem gesetzlichen und dem privaten Krankenversicherungssystem.

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