Vogelgrippe H7N9 von Menschen übertragbar

Nanjing – Aus der Provinz Jiangsu, westlich von Shanghai gelegen, wo es seit Anfang des Jahres immer wieder zu sporadischen Erkrankungen mit einer wenig ansteckenden, aber hoch pathogenen Variante der Vogelgrippe H7N9 gekommen ist, wird jetzt erstmals eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gemeldet. Die Beweisführung im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2013; 347: f4752) ist überzeugend, dürfte aber die Einschätzung eines insgesamt sehr niedrigen Bedrohungspotenzials kaum ändern.
Influenzaviren mit dem Hämagglutinin-Antigen H7 kursieren normalerweise nur unter Vögeln. Eine Ansteckung von Menschen ist selten und wenn, dann kam es in der Vergangenheit nur zu einer Konjunktivitis oder allenfalls zu einer milden Pneumonie. Eine bemerkenswerte Ausnahme war 2003 der Tod eines Tierarztes in der niederländischen Provinz Nordbrabant, der mehrere befallene Hühnerfarmen betreut hatte, und sich dort mit einem Influenza A/H7N7-Virus infiziert hatte. Er starb nach einer schweren Pneumonie am Atemnot-Syndrom ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome).
Im März diesen Jahres wurden dann aus Shanghai und der westlich davon gelegenen Provinz Jiangsu mehrere Infektionen mit einem neuen Influenza A/H7N9-Virus gemeldet, das vermutlich durch Reassortment aus drei früheren Vogelgrippe-Viren entstanden ist, was die Ansteckungsfähigkeit beim Menschen erhöht haben könnte.
Die anfängliche Sorge, dass die Infektionen in China zum Ausbruch einer globalen Pandemie führen könnten, hat sich jedoch schnell wieder gelegt. In ihrer letzten Mitteilung vom 20. Juli zählte die Weltgesundheitsorganisation WHO insgesamt nur 134 laborbestätigte Erkrankungen beim Menschen, die aber in 43 Fällen tödlich endeten. Bis auf vier weitere Patienten waren alle anderen wieder aus der Klinik entlassen worden.
Dass die Erkrankungen nur sporadisch auftraten, führten die Grippe-Experten auf die fehlende Übertragung von Mensch-zu-Mensch zurück. Jetzt belegt ein Team um Ming-Hao Zhou und Hua Wang von der zentralen Gesundheitsbehörde in Nanjing in der Provinz Jiangsu den Fall einer direkten Übertragung. Ein 60-Jahre alter Mann, der sich vermutlich auf einem der Geflügelmärkte, die er regelmäßig besuchte, infiziert hat, steckte aller Wahrscheinlichkeit nach seine 32 Jahre alte Tochter an, die ihn regelmäßig in der Klinik besucht hatte. Beide starben an der H7N9-Vogelgrippe.
Für eine Übertragung spricht nicht nur der enge Kontakt der beiden Personen, sondern auch die nahezu vollständige genetische Identität der bei ihnen nachgewiesen Viren. Dies ist zwar kein abschließender Beweis ist, da beide Patienten sich unabhängig voneinander beim selben Geflügel angesteckt haben könnten. Da die Tochter jedoch keine Geflügelmärkte besuchte, halten Zhou und Wang eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung für sehr wahrscheinlich.
Die Gefahr einer Pandemie besteht auch nach der prinzipiellen Möglichkeit einer Übertragung von Mensch zu Mensch nicht. Entscheidend ist hier die Effizienz der Übertragung. Diese scheint sehr gering zu sein. Denn von 43 Kontaktpersonen, die von den Autoren kontrolliert wurden, hatte kein weiterer sich mit dem Virus infiziert. Ein Schwiegersohn, der sich ebenfalls um den älteren Mann gekümmert hatte, klagte zwar über leichte Atemwegsbeschwerden, die aber auch andere Gründe gehabt haben können.
Die chinesischen Gesundheitsbehörden überprüften auch die Geflügelkäfige auf zwei lokalen Geflügelmärkten sowie Schwäne in der Umgebung. Es wurde zwar einmal ein H7N9-Stamm gefunden. Deren Gene unterschieden sich allerdings deutlich von den Viren, die bei den beiden Patienten gefunden wurden. In einem Editorial sieht Richard Coker von einer Niederlassung der London School of Hygiene and Tropical Medicine in Bangkok derzeit keine Hinweise für den Beginn einer Pandemie, wohl aber einen Grund zur Wachsamkeit, da sich die Situation schnell ändern könnte.
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