Ärzteschaft für Opt-out-Verfahren bei elektronischer Patientenakte
Bremen – Für ein Opt-out-Verfahren bei der Ausgabe der elektronischen Patientenakte (ePA) hat sich heute der 126. Deutsche Ärztetag ausgesprochen. Dem knapp mehrheitlich angenommenen Antrag ging eine emotional und kontrovers geführte Debatte voraus. Innerhalb der Delegierten wog das Meinungsbild erkennbar hin und her.
Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin und Mitglied im Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK), verwies auf den allgemein anerkannten hohen Versorgungsnutzen einer „gut gemachten ePA“. Der Verbreitungsgrad sei allerdings sehr niedrig – hier könne eine Opt-out-Regelung helfen. Mit jeglichem „aber“ nehme die Ärzteschaft eine Verhinderungsposition ein, so die Warnung. Auch Erik Bodendieck, Vorsitzender des Ausschusses „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“ der BÄK, warb für eine Opt-out-Regelung.
Gegen die Zustimmung zu einem Opt-out-Verfahren äußerten sich unter anderem Wieland Dietrich von der Ärztekammer Nordrhein, Christian Messer von der Ärztekammer Berlin und Tilman Kaetjner von der Ärztekammer Niedersachsen. Messer verwies auf noch offene Fragen beim Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten – es sei „zu früh“ für eine Opt-out-Lösung. Mit einer solchen Lösung übe man einen abzulehnenden „impliziten Zwang“ auf die Patientinnen und Patienten aus, sagte Dietrich.
Im Beschluss heißt es, der derzeit geringe Verbreitungsgrad sei unter anderem auf den „umständlichen Eröffnungsprozess und die komplexe Rechteverwaltung der Patientenakte“ zurückzuführen. Ein Opt-out-Verfahren sei prinzipiell mehrstufig für mehrere Aspekte einer Patientenakte denkbar, so der Ärztetag. Statt expliziter Beantragung bei der jeweiligen Krankenkasse solle jeder Patient initial eine ePA erhalten, es sei denn, er widerspricht der Anlage.
Zudem sollen alle Ärztinnen und Ärzte zunächst vollen Zugriff auf die Daten der ePA erhalten, es sei denn, der Patient schränkt die Zugriffsrechte explizit ein. Analog dazu sollen alle Daten eines Patienten für Forschungszwecke zur Verfügung stehen, es sei denn, der Patient beschränkt eine Datenweitergabe.
Die Bereitstellung von Daten aus der ePA für Forschungszwecke soll ohne explizite Zustimmung nur dann erfolgen, wenn der Patient vorab entsprechend einfach und verständlich zum Verwendungszweck der Daten aufgeklärt wurde, so der Beschluss. Dabei müsse ihm ein Widerspruchsrecht auch für die Zukunft eingeräumt bleiben.
Der Gesetzgeber solle bei der weiteren detaillierten Konkretisierung der von der Ampelkoalition bereits angekündigten Opt-out-Lösung der ePA die Ärzteschaft aktiv einbinden. Die Ärzteschaft mahnte in diesem Zusammenhang an, dass für eine kostendeckende Refinanzierung der bei der ePA-Nutzung anfallenden Kosten Sorge zu tragen sei.
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