GKV und PKV: Ärztetag diskutiert die Systemfrage

Nürnberg – Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, hat sich dafür ausgesprochen, analog zur privaten Krankenversicherung (PKV) auch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Demografierücklage zu bilden. „Es macht Sinn, manche Prinzipien der PKV in die GKV hineinzutragen“, sagte Spahn auf dem 115. Deutschen Ärztetag in Nürnberg, auf dem sowohl er als auch der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, die Vorstellungen ihrer Parteien zur Zukunft des deutschen Krankenversicherungssystems vorgetragen haben.
Es werde suggeriert, dass es viel einfacher sei, die PKV in die GKV zu überführen als beide Systeme beizubehalten, sagte Spahn. Doch das sei zu kurz gedacht. „Wir dürfen diese Debatte auch nicht als Neiddebatte führen, so wie es SPD, Grüne und Linke tun“, forderte der Unionspolitiker. Denn viele PKV-Versicherte, zum Beispiel Selbständige und Beamte, seien alles andere als Besserverdiener.

Vieles in der PKV sei heute eher vertriebs- als versorgungsgesteuert, kritisierte Spahn. Problematisch seien zudem sowohl die von manchen Privatversicherern angebotenen Billigtarife als auch die hohen Provisionen, die für Neukunden gezahlt würden. „Wer will, dass es die PKV bald noch gibt, muss die Probleme diskutieren, die die PKV heute hat“, so Spahn.
Lauterbach warb im Gegensatz dazu für das Modell der Bürgerversicherung. Die zunehmende Multimorbidität der älter werdenden Patienten in Deutschland führe zu einem exponentiellen Anwachsen der Kosten – jede einzelne Erkrankung werde immer besser und aufwendiger behandelt, sagte er. Ohne Reformen seien daher sowohl die GKV als auch die PKV in zehn Jahren nicht mehr bezahlbar.
In einer Bürgerversicherung würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber das System zu gleichen Teilen finanzieren. Hinzu kämen Steuerzuschüsse. Für alle Neuversicherten solle es eine Pflicht zur Bürgerversicherung geben; PKV-Versicherte könnten sich entscheiden, ob sie privat versichert bleiben oder in die Bürgerversicherung wechseln wollten. Man müsse allerdings dafür sorgen, so Lauterbach, dass die Bürgerversicherung nicht zu einer Entschleunigung des Innovationsflusses führe und dass auch die Einkünfte der Ärzteschaft nicht gekürzt würden.

Lauterbach für neues Vergütungssystem
Der SPD-Politiker sprach sich deshalb für ein neues Vergütungssystem aus: „Ich bin dafür, dass in Euro vergütet wird und befürworte ein System, das näher an der Kostenerstattung ist als am Einheitlichen Bewertungsmaßstab.“ Das führe zu mehr Transparenz und zu weniger Bürokratie. Auch betonte er, dass die SPD ihre Reform nicht gegen die Ärzte durchsetzen, sondern mit ihnen diskutieren wolle.
Spahn kündigte in seiner Rede an, dass die Rücklagen, die der Gesundheitsfonds heute aufweise, im Fonds behalten würden, um mit ihnen für schlechtere Zeiten vorzusorgen. Zudem äußerte er sich zu dem anstehenden Urteil des Bundesgerichtshofs zur möglichen Amtsträgerschaft von Ärzten: „Wir wollen nicht in eine Situation kommen, in der selbständige Ärzte Amtsträger sind.“ Wer freiberufliche Ärzte haben wolle, die nicht, wie zum Beispiel die beim Staat angestellten Ärzte in Großbritannien, um 16 Uhr die Arbeit beendeten, dürfe sie nicht zu Amtsträger machen. Man müsse nun schauen, was der Bundesgerichtshof mache, so Spahn.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: