Abschaffung der PKV? Linke kann SPD nicht aus Koalitionssolidarität locken
Berlin – Kurz vor Beginn der offiziellen Sommerpause des Bundestages haben am Freitagnachmittag eine Handvoll Gesundheitspolitiker über zwei Anträge der Linksfraktion diskutiert: die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung sowie die Einführung einer Bürgerversicherung für die Pflege. Harter Stoff, aussichtslose Anträge.
Pia Zimmermann, Pflegepolitikerin bei den Linken, bezeichnete die Finanzierung des aktuell geplanten Pflegestärkungsgesetz II als unsolide, mit dem Pflegevorsorgefonds würden via „Trickkiste“ die Rücklagen in der Pflegeversicherung angegriffen. Um Lasten in der Pflege besser zu verteilen, müsse eine Solidarsystem auch in der Pflege aufgebaut werden. Auch die Pflegeexpertin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, erklärte: „Es ist nicht die richtige Lösung, weiterhin zwei Versichertensysteme parallel laufen zu lassen. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen sich in einem System an der Finanzierung der Pflege beteiligen.“
Während sich Abgeordnete aus den Oppositionsfraktionen von Linken und Grünen an den Regierungsplänen zum Pflegefonds und der Pflegepolitik abarbeiteten, wurde zugleich das Dilemma der SPD in dieser großen Koalition deutlich: Denn Politik-Wünsche sind etwas anders als die Regierungswirklichkeit. „Die Bürgerversicherung ist eine ursozialdemokratische Forderung. Sie war es, ist es, und sie wird es bleiben“, sagte beispielsweise SPD-Pflegexpertin Mechthild Rawert. „Wir sind der Meinung, es muss wie im Bereich der Krankenversicherung eine Bürgerversicherung Pflege geben.“
Dass dieses Vorhaben allerdings in dieser Regierungskonstellation nicht umgesetzt werden kann, ließen die SPD-Politiker nicht unerwähnt. Rawert: „Die soziale Bürgerversicherung steht also für eine nachhaltige Pflegepolitik. Wir fangen selbstverständlich aber jetzt, in dieser Koalition, schon einmal mit den Taten an uns sorgen selbstverständlich auch noch für die nachhaltige Finanzierung in der Zukunft. Eines ist klar: Die SPD bleibt am Ball.“
Manche sprachen das taktische Spiel, das die Oppositionsparteien mit der SPD treiben, offen an. Heike Baehrens: „Sie wollen uns mir Ihren Anträgen immer wieder einmal aus der Koalitionssolidarität herauslocken. Wenn das aber einmal Erfolg haben soll, dann müssen Ihre Anträge etwas mehr Substanz bekommen“, so die SPD-Abgeordnete aus dem Landkreis Göppingen. Baehrens ist aber überzeugt: „Die Bürgerversicherung wird kommen, sobald eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler die Schwachpunkte der PKV erkennt.“
Die Abgeordneten der CDU/CSU-Koalition konnten dieses offene Bekenntnis des Koalitionspartners zur Bürgerversicherung nicht stehen lassen. „Etwas, was in meinen Augen völlig falsch ist, wird nicht dadurch besser, dass man es immer wieder vorschlägt. Seien Sie der Union dankbar, dass wir in diesem Punkt so standhaft sind“, sagte Erich Irlstorfer (CSU), Mitglied im Gesundheitssauschuss, am Freitag.
Zwar könne man über die Zukunft und mögliche notwendige Reformen in der gesetzlichen Krankenversicherung diskutieren. „In diesem Zusammenhang jedoch nur auf das Modell einer Bürgerversicherung als Alternative zu verweisen, liebe Linke, zeugt in meinen Augen nicht von einem konstruktiven Beitrag zu einem System, das sich in seinen Grundfesten bewährt hat“, so Irlstorfer weiter. Auch ohne das Wort „Bürgerversicherung“ im Koalitionsvertrag „machen wir trotzdem gerade sehr erfolgreiche Gesundheitspolitik“, erklärte der CDU-Abgeordnete Erwin Rüddel.
Erwartungsgemäß wurden beide Anträge nach rund 40 Minuten Debatte mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt. Die Linke-Abgeordnete Halina Wawzyniak kündigte eine neue Initiative an: „Nächstes Jahr wieder!“
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