Spahn: Eltern von „Komatrinkern“ sollen 100 Euro zahlen

Düsseldorf – Eltern von jugendlichen Rauschtrinkern sollen nach dem Willen des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn eine Gebühr für den Krankenhausaufenthalt ihrer Kinder zahlen. „Man sollte die Eltern pauschal mit 100 Euro an den Behandlungskosten beteiligen, um sie an ihre Verantwortung zu erinnern“, sagte er der Rheinischen Post vom Mittwoch.
„Die stark steigende Zahl jugendlicher Komatrinker, die in deutschen Krankenhäusern eingeliefert werden, ist nicht hinnehmbar“, begründete der Unionspolitiker seinen Vorstoß. Dadurch werde unnötig Personal und Geld im Gesundheitswesen gebunden. Daher hält er eine stärkere finanzielle Beteiligung der Eltern für gerechtfertigt.
Immer mehr Kinder und Jugendliche müssen in Deutschland wegen eines Vollrauschs in Krankenhäusern behandelt werden. Nach neuesten Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2011 insgesamt mehr als 26.300 Heranwachsende im Alter von zehn bis 20 Jahren wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt. Das waren 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz kritisierte: „Wer das Komasaufen von Jugendlichen ernsthaft verhindern will, darf nicht erst am Ende der Fahnenstange ansetzen.” Statt plakative Forderungen aufzustellen, sollte die Union ein grundsätzliches Umdenken bei Thema Alkoholmissbrauch von Jugendlichen anstreben.
Die SPD habe vor langem die konsequente Anwendung aller Jugendschutzgesetze und mehr Vorbeugung angemahnt, sagte Özoguz. „Tatsächlich aber ist Alkohol sehr einfach zu erwerben, nicht einmal Ausweiskontrollen werden flächendeckend konsequent durchgeführt.”
Der drogenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, HaraldTerpe, reagierte mit Spott auf den Vorstoß. Spahns Vorschlag sei „offensichtlich dem Karnevalsrausch geschuldet“, erklärte er in Berlin. Er gehe am Problem vorbei. Nicht nur bei Jugendlichen, auch bei Erwachsenen gebe es zum Teil erhebliche Zuwächse bei den Alkoholvergiftungen. Die schwarz-gelbe Koalition wolle davon ablenken, dass sie beim Thema Alkoholprävention aus Rücksicht auf die Industrie praktisch nichts unternommen habe, kritisierte Terpe.
Nach Ansicht der nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) können Verhaltensänderungen nicht über Strafzahlungen erreicht werden. „Wir brauchen Prävention so früh wie möglich, Aufklärung und aufsuchende Hilfen, aber keine Strafzahlungen“, erklärte sie in Düsseldorf.
Die Landesärztekammer Hessen kritisierte, die Eltern von Kindern mit einer Alkoholvergiftung an den Kosten zu beteiligen, löse nicht das Problem. "Wichtig ist die frühzeitige Prävention", sagte Präsident Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. Die Jugendlichen müssten darin bestärkt werden, sich selbst kritisch mit dem Thema zu beschäftigen.
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