Nutzen überwiegt: FDA-Gutachter stützen umstrittene Kontrazeptiva Evra und Yaz/Yasmin

Rockville – Externe Gutachter der US-Arzneibehörde FDA bescheinigen dem umstrittenen Verhütungspflaster Evra und den Anti-Baby-Pillen Yaz und Yasmin trotz eines möglicherweise erhöhten Risikos von thromboembolischen Ereignissen ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis.
Alle hormonellen Kontrazeptiva gehen mit einem leicht erhöhten Risiko auf thromboembolische Ereignisse einher, doch nicht bei allen Mitteln ist das Risiko gleich hoch. Zu den umstrittenen Mitteln gehört seit einigen Jahren das transdermale Pflaster Evra des Herstellers Johnson & Johnson. Es enthält die Hormone Norelgestromin und Ethinylestradiol, die aus den wöchentlich zu wechselnden Pflastern freigesetzt werden.
Das Pflaster führt zu einer gleichmäßigen Hormonfreisetzung. Dadurch entfallen Konzentrationsspitzen wie nach der oralen Einnahme. Die Gesamtmenge der Estrogene ist jedoch um 60 Prozent höher als nach der täglichen Einnahme der sogenannten Pille mit vergleichbarer Hormonmenge.
Eine mögliche Folge ist eine leicht erhöhte Rate von thromboembolischen Ereignissen, die nach der Einführung im Jahr 2001 sieben Mal zu einer Änderung der US-Fachinformation geführt hat. Derzeit gibt es in den USA eine umrahmte Warnung, die auf die Besonderheiten der Pharmakokinetik, einem (je nach Studie) 1,2- bis 2,2-fach erhöhten Risiko auf eine venöse Thromboembolie hinweist und eine Kontraindikation ausspricht für Frauen über 35, die rauchen.
Die FDA hat jetzt noch einmal die Sicherheitsdaten zusammengefasst und den Gutachtern vorgelegt. Diese vertraten am Freitag mit 19 gegen 5 Stimmen die Ansicht, dass die Vorteile die Risiken überwiegen. Mit 20 gegen 3 Stimmen waren die Gutachter der Ansicht, dass die derzeitigen Warnhinweise ausreichend sind.
Tags zuvor hatten die gleichen Gutachter ihr Votum zu einem Kontrazeptivum des Herstellers Bayer Schering Pharma abgegeben. Yaz und Yasmin enthalten Drospirenon, ein neues synthetisches Progestin, in Kombination mit Ethinylestradiol. In den letzten Monaten hatte es einige kontroverse Studien und spektakuläre thromboembolische Kasuistiken gegeben.
So berichtete die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kürzlich über den Tod einer 22-jährigen Anwenderin eines Drospirenon-haltigen Kontrazeptivums (Aida von Jenapharm), die außer einem leichten Übergewicht keine Risiken für eine venöse Thromboembolie aufwies: Die junge Frau war Nichtraucherin und soll sich regelmäßig körperlich betätigt haben (Radfahrerin). Eine Immobilisation, etwa durch eine akute Erkrankung, habe nicht bestanden.
Solche Fälle sind selten. Ob sie unter Drospirenon-haltigen Präparaten häufiger auftreten als mit anderen Kombinationen, ist umstritten. Mehrere vom Hersteller durchgeführte epidemiologische Studien fanden kein erhöhtes Risiko, während unabhängige Studien eine höhere Rate von thromboembolischen Ereignissen ermittelten. In einer Kohortenstudie aus Dänemark war das Risiko sogar fast dreifach erhöht (BMJ 2011; 343: d6423).
Die FDA räumt ein, dass methodologische Fragen eine endgültige Beurteilung derzeit nicht erlauben. Die Gutachter vertraten am Ende der Tagung mit 21 gegen 5 Stimmen die Ansicht, dass die Fachinformationen nicht angemessen über die Risiken informieren. Mit einer etwas knapperen Mehrheit wurde Yaz und Yasmin ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bescheinigt.
Die FDA ist, wie immer, nicht an das Votum gebunden, richtet sich aber in aller Regel danach. Ein Verbot Drospirenon-haltiger Kombinationspräparate steht derzeit nicht zur Diskussion. Der Hersteller sieht sich laut Pressemeldungen jedoch mit mehr als 10.000 Anklagen von Frauen konfrontiert, die unter der Anwendung einen Schaden erlitten haben wollen. Insgesamt 100 Klagen beträfen Todesfälle, berichtet die New York Times.
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