Gesetzliche Krankenversicherung schließt Jahr mit leichtem Plus ab

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verbucht für das vergangene Jahr nach vorläufigem Jahresergebnis ein Plus in Höhe von rund 451,43 Millionen Euro. Den Einnahmen der GKV in Höhe von 289,3 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 288,9 Milliarden Euro gegenüber. Das geht aus Daten des BKK Landesverbands Bayern sowie den offiziellen KV45-Daten des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für das 1. bis 4. Quartal des vergangenen Jahres hervor, die heute vorgelegt worden sind.
Nach Krankenkassenarten haben die Innungskrankenkassen (IKKen) den Zahlen zufolge ein Minus von rund 105,69 Millionen Euro verzeichnet. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) kommen auf ein Plus von etwa 23,17 Millionen Euro. Die Knappschaft-Bahn-See (KBS) auf 21,93 Millionen Euro und die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) auf etwa 48,97 Millionen Euro. Ein etwas größeres Plus verzeichneten die Betriebskrankenkassen (BKKen) mit 113,72 Millionen Euro. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) kommt auf 349,34 Millionen Euro.
Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen nach Angaben des BMG Ende Dezember 10,4 Milliarden Euro beziehungsweise rund 0,4 Monatsausgaben und entsprachen damit dem Zweifachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve. Der Gesundheitsfonds verbuchte einen Überschuss von rund 4,3 Milliarden Euro. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds betrug zum Stichtag 16. Januar 2023 rund 12,0 Milliarden Euro.
Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist bereits vorgesehen, dass von den Finanzreserven der Krankenkassen rund 2,5 Milliarden Euro und aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds rund 4,7 Milliarden Euro zur Stabilisierung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im Jahr 2023 herangezogen werden.
Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,5 Prozent einen Zuwachs von 4,4 Prozent. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz zum Jahresende 2022 lag mit 1,36 Prozent leicht oberhalb des Ende Oktober 2021 für das Jahr 2022 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,3 Prozent.
Entwicklungen bei den Ausgaben
Überproportional stark sind im vergangenen Jahr die Ausgaben für Schutzimpfungen (14,6 Prozent), bei den Fahrkosten (11,0 Prozent) sowie im Bereich der Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (10,7 Prozent) gestiegen.
Der Anstieg bei den Schutzimpfungen ist auf die Ausgaben für Impfstoffe und dabei vorrangig auf die Gruppe der Herpes-Zoster-Impfstoffe zurückzuführen. Die Kosten für Coronaimpfstoffe fallen nicht darunter; diese wurden im Jahr 2022 vom Bund und nicht von den Krankenkassen finanziert.
Die Ausgaben für Heilmittel erleben nach Angaben des Ministeriums mit 7,0 Prozent weiterhin einen Aufwuchs, der sowohl auf Vergütungsanpassungen zum Beginn des Jahres als auch auf die hohen unterjährigen Preisabschlüsse des Vorjahres zurückzuführen ist.
Mit einem Anstieg von 6,0 Prozent entwickeln sich die Ausgaben für Hilfsmittel etwas dynamischer als die Gesamtausgaben. Im Bereich Krankengeld entwickeln sich die Ausgaben mit 8,1 Prozent überdurchschnittlich. Dazu trägt auch der Anstieg der krankengeldberechtigten Mitglieder in Höhe von 1,1 Prozent bei. Die Aufwendungen für Kinderkrankengeld liegen mit rund 540 Millionen Euro auf dem Niveau des Vorjahreszeitraumes.
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben lag mit 4,8 Prozent wie auch in den vergangenen Jahren über dem durchschnittlichen Anstieg der Leistungsausgaben. Dies entspricht einem Plus von rund 2,2 Milliarden Euro.
Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind nach dem vorläufigen Rechnungsergebnis für 2022 um 3,4 Prozent und damit weniger stark als der Durchschnitt der Leistungsausgaben gestiegen. Der Anstieg entspricht einem Plus von rund 1,5 Milliarden Euro.
Zu berücksichtigen sei, dass gesetzliche Korrekturmaßnahmen, die ungewollte Doppelfinanzierungen für besondere ärztliche Leistungen nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz korrigiert hätten, im 1. Halbjahr 2022 ausgabendämpfend gewirkt hätten, schreibt das Ministerium.
Auch die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind mit einem Anstieg von 2,8 Prozent, was einem Plus von rund 2,3 Milliarden Euro entspricht, weniger stark als der Durchschnitt aller Leistungsausgaben gestiegen.
Nach Auffassung des BMG dürfte das vorrangig auf eine weiterhin stagnierende oder gar rückläufige Mengenentwicklung zurückzuführen sein. So seien im Jahr 2020 wurden die Pflegepersonalkosten aus den diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) ausgegliedert worden. Nach einem Anstieg von 13,9 Prozent im Jahr 2021 verbuchten die Krankenkassen im Jahr 2022 einen weiteren Ausgabenzuwachs von 10,0 Prozent.
Bei der Interpretation der vorläufigen Rechnungsergebnisse ist wie in jedem Jahr zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen.
Die endgültigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2022 sollen ebenso wie die Daten des 1. Quartals 2023 Mitte Juni 2023 vorliegen.
Die Betriebskrankenkassen (BKK) in Bayern warnten heute, die falschen Schlüsse aus den Daten zu ziehen. „Wir stopfen bei der Finanzierung der GKV die letzten Jahre ständig Löcher, etwa durch die Vermögensabschmelzungen“, sagte Daniel Sutor, Interimsvorstand und Abteilungsleiter Finanzen des BKK Landesverbandes Bayern. Über Beitragssatzanpassungen hätten drohende GKV-Defizite im vergangenen Jahr verhindert werden können.
Er monierte, dass die eigentlichen und massiven Strukturprobleme der GKV nicht angegangen werden. Wichtig sei eine Strukturreformen – insbesondere auf der Ausgabenseite – anzupacken und somit für mehr Effizienz und Qualität in der Versorgung zu sorgen.
Sutor bezeichnete die GKV-Überschüsse als „erfreulich, aber trügerisch“. Denn sie seien angesichts des Ausgabenvolumens nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Rund 300 Milliarden Euro würden sie 2023 betragen.
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