„Kröten-Schlecken“ in Deutschland klinisch wohl nicht relevant

Ulm – Die Kröte gehört als Grusel-Accessoire zu Halloween. Auf einen neuen Trend – den Konsum von Krötengift etwa durch Abschlecken der Amphibien – , der von Australien über die USA nach Europa gekommen ist, hat der Pharmakologe und Toxikologe Holger Barth kürzlich hingewiesen. Nach seiner Einschätzung ist der Trend in Deutschland aber „wohl nicht klinisch relevant“.
„Unser Anliegen war, diese ungewöhnliche Sache kurz zu beschreiben und zu warnen, dass nicht heimische Kröten benutzt werden, weil es dann zwar nicht zum Rausch, aber gegebenenfalls bei entsprechenden Mengen zu Herzproblemen kommt“, sagte der Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Toxikologie und Naturheilkunde am Universitätsklinikum Ulm dem Deutschen Ärzteblatt.
Er betonte, das sei beim Abschlecken der Aga- oder Coloradokröte anders. Bei Konsum setzen Empfindungen und Symptome ein, die nach Beschreibung der Krötenschlecker den psychischen und körperlichen Auswirkungen eines LSD-Trips sehr ähnlich sind. Dazu gehören Euphorie, Enthemmung, Wahrnehmung von Farben und Lichteffekten, aber auch Verwirrung, Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen.
„Da man aber – wie bei allen Rauschmitteln aus Tieren, Pflanzen oder Pilzen – nicht abschätzen kann, wie hoch konzentriert Giftstoffe und berauschende Substanzen im Krötensekret vorliegen, kann es zu Vergiftungen mit lebensbedrohlichen Komplikationen wie starkem Blutdruckanstieg und Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand kommen“, warnt Barth. Der Gebrauch tierischer Halluzinogene sei daher „eine durchaus gefährliche Angelegenheit, weshalb vom Konsum dringend abzuraten ist“, so der Toxikologe.
Der Krötenschleim enthält Toxine, die auf das Herz wirken, vergleichbar mit den bekannten Digitalisgiften des Fingerhutes. Diese Bufotoxine, die aus Drüsen auf die Haut der Kröten ausgeschieden werden, wirken gegen Fressfeinde, verhindern aber auch die Besiedelung durch Bakterien oder Pilze.
Die in Australien heimischen Agakröten sowie die Coloradokröten in den USA enthalten in ihrem Schleim neben Bufotoxin aber auch ein Gemisch an Halluzinogenen – darunter die Stoffe Bufotenin, Dimethyltryptamin und 5-Methoxymonomethyltryptamin, die dem Lysergsäurediethylamid (LSD) chemisch ähnlich sind.
Auch in Deutschland wird inzwischen das Sekret konsumiert und die Kröten werden legal gehandelt. Heimische Kröten eignen sich laut Barth aber nicht dafür, da sie kein oder zu wenig der berauschenden Substanzen in ihrem Sekret enthalten.
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