Zahl der Drogentoten in der EU steigt „besorgniserregend“

Brüssel/Lissabon – Die Zahl der Drogentoten in Europa ist 2015 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Die Entwicklung sei „besorgniserregend“, heißt es in dem heute in Brüssel veröffentlichten Jahresbericht 2017 der Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht der Europäischen Union (EMCDDA).
In den 28 Mitgliedstaaten der EU sowie in der Türkei und Norwegen starben 2015 den Angaben zufolge 8.441 Menschen an einer Überdosis. Dies entspreche einer Zunahme von sechs Prozent im Vergleich zu 2014, als 7.950 Todesfälle registriert worden seien.
Viele Tote durch Kokain und Opioide
Ein Anstieg der Zahl der Todesfälle sei 2015 in Deutschland, Litauen, den Niederlanden, Schweden, dem Vereinigten Königreich und der Türkei gemeldet worden, so die EU-Behörde. 31 Prozent der Drogenopfer 2015 stammten aus Großbritannien, 15 Prozent aus Deutschland. 80 Prozent der Opfer erlagen den Folgen einer Überdosis Kokain oder Opioiden. Mehr als drei Viertel der Opfer waren Männer.
Besorgniserregend sei vor allem, „dass junge Menschen vielen neuen und gefährlichen Drogen ausgesetzt“ seien, erklärte der für Inneres zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos. Zwischen 2009 und 2016 wurden demnach 25 hoch potente synthetische Opioide entdeckt. Bereits kleine Mengen der Stoffe reichen aus, um unzählige Dosen zu produzieren.
Fentanyle unter Beobachtung
Allein 2016 stieß das Europäische Frühwarnsystem (EWS) auf 66 neue psychoaktive Substanzen (NPS), im Vorjahr waren es 98. Damit standen Ende des vergangenen Jahres 620 Substanzen auf dem Radar der Beobachtungsstelle – 2013 waren es noch 350 Stoffe. Viele der synthetischen Substanzen enthielten neben morphinähnlichen Opioiden und Cannabis Amphetamine sowie die Psyche beeinflussende Benzodiazepine, wie sie in starken Beruhigungsmitteln zum Einsatz kommen.
Unter besonderer Beobachtung stehen Fentanyle, die eigentlich als Schmerzmittel bei Narkosen eingesetzt werden. Sie hätten eine zum Teil „um ein vielfaches stärkere Wirkung als Heroin“, heißt es in dem Drogenbericht. Durch Hautkontakt oder Einatmen könnten auch Dritte gefährdet werden. Anfang dieses Jahres untersuchte die Beobachtungsstelle demnach zwei solcher Stoffe, mit denen mehr als 50 Todesopfer in Verbindung gebracht wurden.
In Europa nimmt der Handel mit Fentanyl stark zu: 60 Prozent der entdeckten neuen psychoaktiven Subbstanzen waren Fentanyle. Die am meisten in Europa konsumierten Drogen bleiben laut EBDD aber Kokain und MDMA, das in Tablettenform auch als Ecstasy bekannt ist, sowie Amphetamine. 2015 beschlagnahmten die Behörden 69,4 Tonnen Kokain und damit deutlich mehr als im Vorjahr (51,5 Tonnen).
Die Beobachtungsstelle veröffentlicht jedes Jahr im Auftrag der EU-Kommission einen Drogenbericht, der die jüngsten Entwicklungen in den 28 EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen und der Türkei aufzeigt.
Derzeit leben 1,3 Millionen Menschen in Europa, die wegen ihrer schweren Sucht als besonders gefährdet gelten. 93 Millionen Europäer probierten schon einmal Drogen, 17,5 Millionen versuchten Kokain.
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